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„Das ist ein Riesenerfolg“

Stimmen zur Wahl. Strieder (SPD): Koalitionsbruch bestätigt. Wambach (CDU): Steffel bleibt. Köppl (Grüne): Krieg nutzt PDS. Freundl (PDS): Osten muss mitregieren. Steltemeier (FDP): Glücklich

Peter Strieder (SPD)

taz: Herr Strieder, die SPD hat die absolute Mehrheit deutlich verfehlt. Sind Sie trotzdem zufrieden mit dem Wahlergebnis?

Peter Strieder, SPD-Landesvorsitzender: Die Wählerinnen und Wähler in Berlin haben sich klar für den Politikwechsel entschieden und diesen gewählt. Die Sozialdemokraten haben damit den politischen Führungsauftrag in der Stadt erhalten und werden diesen in der neuen Regierung fortsetzen.

Vor erst zwei Jahren erreichte die SPD nur 22,4 Prozent. Was hat den Ausschlag für die Wähler gegeben, sich diesmal so klar zu positionieren?

Die prozentualen Hinzugewinne für die SPD lassen sich dadurch erklären, dass die Wähler das Verlassen der großen Koalition durch die SPD eindeutig bestätigt haben.

Sie haben nun mehrere Optionen für eine Senatsbildung. Welche Koalition strebt die SPD jetzt an?

Klar ist, dass wir keine Koalition mit der CDU anstreben und eine solche damit ausgeschlossen ist. Die Koalitionsfrage mit den übrigen Parteien wird sich daran entscheiden, welche und wie viele sozialdemokratischen Themen und Ziele, die wir verfolgen, mit den Grünen, der FDP oder der PDS zu verwirklichen sind.

M. Wambach (CDU)

taz: Herr Wambach, der Absturz der CDU hat sich angekündigt. Haben Sie mit einem sochen Desaster gerechnet?

Matthias Wambach, Landesgeschäftsführer der CDU: Es ist eine herbe Niederlage, die gezeigt hat, dass in Berlin alles möglich ist. Noch vor zwei Jahren erlebten wir den Aufschwung auf über 40 Prozent, nun erleben wir das Gegenteil. Es ist nicht gelungen, das Vertrauen der Wähler in die CDU zurückzuholen.

Was war ausschlaggebend für die Niederlage?

Es ist der CDU nicht gelungen, ihre Sachthemen differenziert und konsequent im Wahlkampf zu vermitteln. Außerdem haben wir den Muff der Bankenkrise nicht aus den Klamotten gekriegt. Zugleich hat es die SPD geschafft, dem Wähler vorzuspiegeln, sie hätte mit der ganzen Sache nichts zu tun.

Welche Konsequenzen werden sich für die Union daraus ergeben. Wird Frank Steffel als Fraktionschef zurücktreten?

Frank Steffel ist mutig in den Wahlkampf gegangen und hat den Generationswechsel eingeläutet. Er wird auch weiterhin an maßgeblicher Stelle in der CDU arbeiten für die Führung in der Union in der Stadt.

Was heißt maßgeblich?

Nach der Wahl ist vor der Wahl. Und mit Steffel gehen wir in die nächste.

Carola Freundl (PDS)

taz: Frau Freundl, die PDS hat nur eines ihrer drei Wahlziele verfehlt: Gregor Gysi wird nicht Regierender Bürgermeister.

Carola Freundl, PDS-Fraktionschefin: Das Wahlergebnis ist ein grandioser Erfolg für die PDS. Am meisten freut uns, das wir im Westen locker die Fünf-Prozent-Hürde genommen haben. Gregor Gysi hat von Anfang an sehr realistisch gesagt, dass er auch als Senator zur Verfügung steht.

Sie haben die Vorhersagen weit übertroffen. Was ist der Grund für diesen Erfolg?

Gregor Gysi hat dabei eine wichtige Rolle gespielt. Er hat mit Unterhaltsamkeit und Kompetenz wie kein anderer Kandidat einen Zugang zu der Bevölkerung gefunden.

Also auch ein Gysi-Erfolg?

Natürlich ist das Ergebnis auch Gregor Gysi und seiner unermüdlichen Arbeit zu verdanken.

Ist die PDS mit ihrer Haltung zum Krieg in Afghanistan zum Kriegsgewinnler geworden?

Die klare Position der PDS in dieser Frage hat eine Rolle gespielt. Wir haben aber schon im Sommer über 20 Prozent gelegen. Ich würde eher sagen, dass wir mit diesem Ergebnis wieder zur Normalität zurückgefunden haben.

Welcher Auftrag zur Regierungsbildung geht von diesem Abend aus?

Die SPD hat jetzt die Klarheit, die sie gefordert hat. Für eine Ampelkoalition gibt es nur eine hauchdünne Mehrheit. Unser Angebot steht. Auch der Osten muss an der Regierung beteiligt werden. Im Moment ist nur eines ausgeschlossen: dass wir einen rot-grünen Senat tolerieren.

Welches Signal geht von Berlin für die Bundestagswahl aus?

Ein sehr, sehr gutes. Vielleicht nicht für die SPD, die sich mit Blick auf das nächste Jahr eine andere Konstellation als Rot-Rot gewünscht hätte. Die PDS ist mit dem Ergebnis richtig zufrieden. Wir können Gelassenheit an den Tag legen.

Bernd Köppl (Grüne)

taz: Ist das Ergebnis ein Auftrag an die Grünen zur Regierungsbildung?

Bernd Köppl, (Grüne), Wirtschaftsstaatssekretär: Es war jedenfalls kein Desaster. Aus dem Wahlergebnis kann man auch nicht schließen, dass es ein Votum gegen eine Regierungsbildung ist. Man muss aber sagen, dass es ohne den Krieg in Afghanistan noch mehr Stimmen für die Grünen gegeben hätte. Seitdem ist aber bei den Jugendlichen ein Stimmungswechsel für die PDS erfolgt. Da spielen die Erfolge in der Landespolitik keine allzu große Rolle mehr.

Es gab im Publikum bei der grünen Wahlparty Buh-Rufe gegen ihren potenziellen Koalitionspartner, die FDP.

Sie ist noch kein Koalitionspartner.

Das heißt, Sie sind der Meinung, das Ergebnis ist ein Wählerauftrag für Rot-Rot?

Das müssen sich die überlegen, die das aushandeln müssen. Eigentlich hat die Tolerierung von Rot-Grün durch die PDS gewonnen.

Wie lange würde eine Ampelkoalition halten?

Erst einmal muss sie entstehen. Aber das sehe ich noch nicht. Ich freue mich jedenfalls nicht auf die FDP.

Rolf Steltemeier (FDP)

taz: Herr Steltemeier, wie fühlen Sie sich?

Rolf Steltemeier, Parteisprecher der FDP: Ich bin ausgesprochen glücklich. Das Wahlergebnis ist ein Riesenerfolg, wir haben das beste Ergebnis seit 1974 erzielt und unser letztes Ergebnis in etwa verfünfacht. Das ist eine große Leistung, die wir unserem Spitzenkandidaten Günter Rexrodt und den Parteifreunden in Berlin und der ganzen Republik zu verdanken haben.

Worauf führen Sie diesen Erfolg zurück?

Wir haben durch unsere Inhalte überzeugt, ein sehr gutes Programm für die Zukunft dieser Stadt vorgelegt. Und wir sind die einzige Alternative zu Rot-Rot. Ein solches Bündnis würde dem Ansehen der deutschen Hauptstadt schaden.

Bei welchen Punkten könnten Sie auf ihre möglichen Koalitionspartner SPD und Grüne zugehen?

Zunächst ist es erst mal an Klaus Wowereit, auf uns zuzugehen. Eine künftige Regierung mit FDP-Beteiligung muss aber eine klare liberale Handschrift tragen. Der Haushalt muss schleunigst saniert werden, und wir brauchen mehr Investitionen.

Wie wollen Sie verkehrspolitisch mit den Grünen zusammenkommen?

Der internationale Flughafen Schönefeld mit Drehkreuzfunktion ist unverzichtbarer Bestandteil für ein innovationsfreundliches Klima. In der Verkehrspolitik brauchen wir einen fairen Ausgleich zwischen Individual- und öffentlichem Personenennahverkehr. Schikanen im Straßenverkehr helfen nicht weiter.

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