Strahlung sehr erwünscht

Kachelöfen sind nicht nur gemütlich. Die Strahlungswärme sorgt auch für ein gesundes Raumklima. Holz ist ein umweltschonender Brennstoff. Heimwerker können den Grundofen auch selbst bauen

Ein ständiges Defizit an Strahlungswärme reduziert unsere Energie

In unserer Hemisphäre verbringen die Menschen etwa 90 Prozent ihres Lebens in Gebäuden, die ein halbes Jahr lang beheizt werden. Deshalb sollte man sich über die Art des Heizens besonders Gedanken machen. Ganz oben auf der Wunschliste vieler Bauherren steht dabei meist ein massiver Kachelofen: ein geschmackvoll entworfener Mittelpunkt des Wohnzimmers für den winterlichen Feierabend.

Doch erfahrungsgemäß sind am Ende jedes Hausneubaus die finanziellen Mittel knapp, so dass oft auf einen preiswerten skandinavischen Kaminofen aus dem nächsten Baumarkt zurückgegriffen wird. Oder das „einmalige“ Sonderangebot eines Bausatzes diverser Kachelofenfirmen lockt mit Luftheizungseinsätzen und Porotonsteinen zum einfachen Ankleben der Kacheln. Doch abgesehen von dem oft fragwürdigen Design: Bei diesen Notlösungen fehlen fast alle Vorzüge, die einen massiven so genannten Grundofen tatsächlich ausmachen – insbesondere natürlich der große Einfluss auf das Klima in den Innenräumen.

Jedes Heizsystem produziert sowohl Strahlungs- als auch Konvektionswärme. Die bei uns üblichen Rippen- oder Plattenheizkörper produzieren zu etwa 80 Prozent vor allem Konvektionswärme: Sie erhitzen somit lediglich die vorbeiströmende Raumluft. Die große Fläche eines massiven Grundofens hingegen erzeugt vor allem Strahlungswärme, vergleichbar den langwelligen Wärmestrahlen der Sonne, die uns dann vor allem im Winter fehlen.

Die Form der Wärmeverteilung (Strahlung oder Konvektion) hat wesentlichen Anteil an der Qualität des Raumklimas. Die Art der Wärmeerzeugung und ihr Einfluss auf Luftfeuchte, Staubentwicklung und Bakterienwachstum ist ein wichtiger gesundheitlicher Faktor im Gebäude. Konvektionsheizungen, die eine ständige Luftbewegung im Raum verursachen, führen zu Zugerscheinungen: Sie wirbeln Staub auf, verteilen damit auch viele Schadstoffe und belasten darüber hinaus die Atemwege.

Ein ständiges Defizit an Strahlungswärme reduziert unsere Energie und hemmt die Körperfunktionen: Der organische Verbrennungsprozess im Organismus benötigt für das vollständige Aufspalten der Nahrungsstoffe ein bestimmtes Maß an Energie. Bei einem Mangel an Strahlungswärme entstehen statt normaler Stoffwechsel-Abfallprodukte bestimmte Zellgifte, die sich im Gewebe ablagern und den Körper belasten können. Die wohltuenden Entschlackungskuren im Schwitzbad beispielsweise sind nichts anderes als eine Form von Kur mittels Strahlungswärme.

Konvektion erwärmt den Körper nur oberflächlich, die Wärmestrahlen eines Kachelgrundofens dagegen besitzen je nach Wellenlänge auch Tiefenwirkung. Sie erreichen einen Großteil der Blutbahnen. Das erwärmte Blut trägt schneller zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur bei.

Ebenso erwärmt die Strahlung eines Kachelofen gleichmäßig alle Umgebungsflächen. Das ist wichtig: Je nach Temperatur der uns umgebenden Flächen muss der Körper eine mehr oder weniger stark Energie zehrende Thermoregelung selbst durchführen. Der menschliche Organismus produziert also ständig Wärmeenergie, die er bis zu einem gewissen Grad an seine Umgebung abgibt. Heizungen sollten eine zu starke und unphysiologische „Entwärmung“ verhindern. Ein gesundes Wärmeverteilsystem sollte daher einige Kriterien erfüllen:– viel Strahlungswärme bei relativ kühler Atemluft (etwa 18 Grad Celsius);– wenig Konvektion;– geringe Luft-/Staubzirkulation.

Zu den Heizsystemen mit einem hohen Anteil an Konvektion gehören neben der üblichen Heizkörperheizung auch Kachelöfen mit Luftheizungseinsatz, ferner der gusseiserne Kaminofen, dem letztlich die Masse fehlt, ein ganzes Zimmer per Strahlung zu heizen. Hier werden vor allem Luftbewegungen durch die relativ hohen Oberflächentemperaturen erzeugt.

Ein Grundofen ist demgegenüber ein Speicherofen mit Zeitbrand. Der Feuerraum wird dabei so groß bemessen, dass der Tagesbedarf an Holz in kurzer Zeit abbrennen kann. In der Brennkammer entwickelt sich eine hohe Hitze, die unter Sauerstoffzuführung eine vollständige Verbrennung des Holzes ermöglicht. Der Grundofen wird innen durch den heißen Rauch des Holzfeuers erwärmt, der durch Liege-, Fall- oder Steigzüge strömt, dort abgekühlt wird und erst dann in den Schornstein wandert. Die Kacheln nehmen die Wärme auf und strahlen sie schließlich in den Raum. Durch den Aufbau der Kacheln (mäßige Wärmeleitung, glatte Oberfläche) kann die Wärmeabgabe durch Konvektion sehr gering gehalten werden.

Ist das Holz verbrannt und sind nur noch Glut und Asche übrig, werden die Zuluftöffnungen verriegelt, damit „falsche“ Luft den Ofen nicht wieder auskühlt. Durch den Sauerstoffreichtum des Holzes findet unter der schützenden Ascheschicht im Glutbett eine fast vollständige Verbrennung statt, so dass selbst nach einem Monat Dauerbetrieb nur eine geringe Menge Asche anfällt.

Die aufgeladenen Speicher erzeugen eine angenehme Strahlungswärme und müssen in der Regel erst am nächsten Tag wieder beheizt werden. Auch Kombinationen von Grundofen mit Kochstelle, Backröhre oder Heizbank sind denkbar.

Die natürlichen Tone und Lehme sind auf Grund ihres Wärmespeicherungs- und Wärmeabstrahlungsvermögens prädestiniert für den Ofenbau. Sie sind auf der Erde nahezu unbegrenzt vorhanden und enthalten keine Schadstoffe. Lehm bindet sogar Giftstoffe.

Das Kachelofenmaterial besteht aus gebranntem Ton, dessen äußere Oberfläche beim zweiten Brand glasiert wird, wobei eine Vielzahl von Farbkombinationen zur Verfügung steht. Die inneren Schamottesteine sind feuerfeste Steine aus gemagertem Ton. Sie sind extrem hitze- und formbeständig. Der Schamottestein-Kern und die Kachelhaut werden nur mit Lehmmörtel verbaut. Die Einheitlichkeit des Materials macht auch Anfängern den Aufbau leichter.

Von den rund 2,5 Milliarden Kubikmetern Holz, die jährlich weltweit geschlagen werden, wird mehr als die Hälfte als Brennholz verwendet; höchst effizient und oft aus Mangel an Alternativen vor allem in den Entwicklungsländern.

Wir verbringen 90 Prozent unseres Lebens in Gebäuden, die geheizt werden

In der hiesigen nachhaltigen Fostwirtschaft darf in einem bestimmten Zeitraum nur so viel Holz geschlagen werden, wie nachwächst. Seit Jahrzehnten ist dieses Gleichgewicht gegeben und auch auf lange Sicht nicht gefährdet. Holz deckt derzeit allerdings noch immer nur wenige Prozent des Primärenergiebedarfs, obwohl seine Vorteile auf der Hand liegen: Da Holz anders als fossile Brennstoffen nur 0,01 Prozent Schwefel enthält, entsteht bei der Verbrennung kaum Schwefeloxid. Bei der Verbrennung von reinem, naturbelassenem Holz liegt der Ascheanfall bei weniger als einem Prozent der Trockenmasse; die Asche enthält wertvolle Mineralstoffe und kann als Dünger verwendet werden.

Hinreichend lufttrockenes Holz hat gegenüber frisch geschlagenem einen doppelt so hohen Brennwert. Holz wird als gasreicher langflammiger Brennstoff bezeichnet. Deshalb wird in der Planung der Brennraum des Holzgrundofens höher bemessen als beispielsweise bei einem mit Kohle befeuerten Kachelofen.

Weil ein Kachel- oder Lehmofen durch seine Größe jede Wohnung dominiert, ist das individuelle Design für den Bewohner von großer Bedeutung. Der Ofen muss auf jeden Fall vom Bezirksschornsteinfeger genehmigt werden. Die Entwurfsplanung sowie die Konstruktion sollte man deshalb einem Fachmann übertragen. Wichtig für die Funktionstüchtigkeit ist die Abstimmung von Zuglänge, Querschnitte der Züge, Länge des Schornsteins, Brennraumgröße, Heizleistung sowie die Außenfläche im Verhältnis zur Raumgröße.

Erfahrungsgemäß kann der Aufbau aber auch von einem durchschnittlich geschickten Heimwerker selbst vorgenommen werden. Allerdings sollte man sich den begleitenden Rat eines Fachmanns nicht nur bei Plan und Entwurf, sondern auch in den Bauphasen sichern, und man sollte über das notwendige Werkzeug verfügen. Auf diese Weise lässt sich eine gesunde Strahlungsheizung zu einem einigermaßen vertretbaren Preis erstellen. JENS BLUMENTHAL

Der Autor ist Architekt. Kontakt: Telefon (0 30) 7 87 57 24 sowie J. O. Walter, Göttingen, Telefon (05 51) 3 79 39 77