Berlusconi schickt Truppen

Italiens Parlament hat einer Entsendung von Truppenkontingenten in den Afghanistankrieg zugestimmt. Die Bevölkerung des Landes ist mehrheitlich dagegen. Am Samstag Demos in Rom

ROM taz ■ Seit gestern ist es offiziell: Auch Italien wird sich mit Truppenkontingenten aktiv am Afghanistankrieg beteiligen. Mit breiter Mehrheit segnete das Abgeordnetenhaus das Ansinnen Berlusconis ab, Militärs aller Waffengattungen an die Front abzukommandieren.

Zurzeit zeichnet sich der Einsatz von etwa 2.700 Berufssoldaten im „Kampf der Zivilisation gegen die Barbarei“ (so Verteidigungsminister Antonio Martino vor dem Parlament) ab. Das größte Kontingent wird die Marine stellen, die ihren Flugzeugträger „Garibaldi“, Kreuzer, Fregatten und Torpedoboote entsenden soll. Die Luftwaffe wird sechs bis acht Tornados, eine Herkules C-130 sowie ein Tankflugzeug zur Verfügung stellen. Aber auch an den Einsatz von Kampftruppen ist gedacht. Heer und Carabinieri mobilisieren nicht nur ABC-Spürtrupps, sondern auch Fallschirmjäger- und Panzereinheiten. Unklar ist noch, ob diese Einheiten auch bei Kriegshandlungen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt mit „Peace-keeping“-Aufgaben in Afghanistan eingesetzt werden.

Im Land ist die direkte Kriegsbeteiligung nicht sonderlich populär: Nach jüngsten Umfragen sprechen sich 55 Prozent gegen die Entsendung italienischer Soldaten aus. Dennoch stimmte Berlusconis Rechtskoalition in der gestrigen Parlamentsabstimmung geschlossen für den Einsatz. Auch Umberto Bossis Lega Nord, die noch im Kosovokrieg mit heftigen antiamerikanischen Ausfällen eine Serbien-freundliche Position eingenommen hatte, befürwortete den Schulterschluss mit den USA.

Zerrissen präsentierte sich hingegen die Opposition. Während Rifondazione Comunista schon seit dem 11. September gegen den Krieg als Antwort auf den Bin-Laden-Terror mobilisiert, suchte die Führung der Mitte-links-Allianz des „Ölbaums“ erfolglos die eigenen Reihen auf ein geschlossenes Ja zum Einsatz italienischer Kontingente festzulegen. Oppositionsführer Francesco Rutelli und der zukünftige Parteichef der Linksdemokraten, Piero Fassino, setzten eine zustimmende Resolution durch, die in den entscheidenden Passagen mit dem Regierungsantrag wortgleich war. Doch nicht nur die Grünen und die dem Ölbaum-Bündnis angehörenden Minderheitskommunisten stimmten gegen den Einsatz. Auch die Linksdemokraten – die größte Oppositionspartei – zeigten sich gespalten: Der linke Parteiflügel verweigerte die Zustimmung zu der vom „Ölbaum“ eingebrachten Entschließung. An der satten Mehrheit von 513 der 630 Abgeordneten für den Kriegseinsatz änderte dies jedoch nichts.

Am Samstag wird sich die Spaltung in den Reihen der Linken noch einmal spektakulär manifestieren. Gleich zwei Demos wird Rom an diesem Tag erleben: eine Pro-USA-Kundgebung des Berlusconi-Blocks und einen Anti-Kriegs-Marsch, zu dem Italiens Globalisierungsgegner aufgerufen haben.

Türkei streitet über Soldaten-Einsatz

Unterdessen regt sich im türkischen Parlament Widerstand gegen den geplanten Einsatz von 90 Elitesoldaten in Afghanistan: 111 der insgesamt 550 Abgeordneten unterzeichneten gestern eine Petition an das Verfassungsgericht. Darin forderten sie die Obersten Richter auf, einen Parlamentsbeschluss aufzuheben, der die Entsendung von Soldaten zur Unterstützung der US-Militäraktion erlaubt. Die Abgeordneten gehören mehrheitlich zwei proislamischen Oppositionsparteien an. MICHAEL BRAUN