: SPD sagt „Na“ zum Kriegs-Einsatz
■ Bremer SPD-Bundestagsabgeordnete gespalten wie die Bevölkerung: Einer in der SPD ist gegen den Einsatz deutscher Soldaten, einer stimmt dafür, eine hat noch „Bauchschmerzen“
Der Bremer SPD-Bundestagsabgeordnete Konrad Kunick wird voraussichtlich der einzige Bremer „Volksvertreter“ sein, der am kommenden Donnerstag im Bundestag in Berlin gegen den Einsatz deutscher Soldaten außerhalb des Bündnisgebietes der Nato stimmen wird.
Kunick war zwar gestern nicht für die Presse zu erreichen und nimmt auch an den intensiven Beratungen der SPD-Fraktion nicht besonders aktiv teil, kann aber vielleicht gerade deshalb standhaft bei seiner schon am 16. Oktober schriftlich geäußerten Meinung bleiben: „Politisch halte ich es für falsch, wenn Deutschland in die Rolle einer kleinen Weltmacht zurückkehrt, statt die eigene militärpolitische Verantwortung auf Europa zu begrenzen und statt dessen entwicklungspolitisch und handelspolitisch weltweit guten Einfluss zu nehmen“, hatte Kunick formuliert. Nach Kaiser Wilhelms „Griff nach der Weltmacht“ seien „dem vereinigten Deutschland nur noch knapp zwei Friedensjahrzehnte geblieben“, erinnert Kunick. Über das „militärische Bündnisgeschrei, unpsychologisches Verhalten der Amerikaner und den Sturz einiger arabischer Regime“ könne man heute „viel schneller in einen weltweiten Krieg hineinschliddern“ als zu Beginn des 19. Jahrhunderts.
Die Bremerhavener SPD-Bundestagsabgeordnete Ilse Janz kann sich dem nicht anschließen. Sie hat „große Bauchschmerzen“ bei dem Thema, sieht die „schwierigste Entscheidung in meiner Zeit als Bundestagsabgeordnete“ auf sich zukommen. Entscheidend ist für Janz, dass die deutschen Soldaten weder in der Luft noch am Boden in Af-ghanistan selbst kämpfen sollen. „Das würde ich nicht wollen“, sagt sie gegenüber der taz. Im Mittelmeer die Sicherheit der US-amerikanischen Streitkräfte gegen drohende Terror-Anschläge zu garantieren, sei etwas anderes. Sie stellt sich zugleich die Frage, was „ein Nein“ für die Menschen in Afghanistan“ bedeuten würde. Und was es für das Nato-Bündnis bedeuten würde, wenn das deutsche Parlament „Nein“ sagen würde. Gleichzeitig geht sie davon aus, „dass wir in Afghanistan eine neue Demokratie aufbauen müssen“. Sie will sich erst kurz vor der Abstimmung am nächsten Donnerstag persönlich festlegen.
Der dritte Bremer SPD-Abgeordnete, Volker Kröning, wird dem Antrag der Bundesregierung wohl zustimmen. Es gebe indirekte Beweise dafür, dass das Terror-Netzwerk von Bin Laden hinter den Anschlägen steckt, erklärte er, und das sei in einer „symbiotischen Beziehung“ mit dem Taliban-Regime verbunden. Ein Bundestags-Mandat sei aber kein Blankoscheck. Zeitlich und räumlich müsse der deutsche Einsatz begrenzt bleiben.
Der SPD-Landesvorstand hatte vor vier Wochen unter der Überschrift „Keinen 3. Weltkrieg riskieren“ eine Resolution beschlossen, in der vor einer „Spirale der Gewalt“ gewarnt wird. Ausdrücklich heißt es da, die Verpflichtungen innerhalb des Nato-Bündnisses könnten nicht „eine Unterstützung militärischer Aktionen“ der USA nach sich ziehen, wenn diese „außer Verhältnis zur terroristischen Bedrohung stehen und wieder unnötiges Leid über die Bevölkerung bringen“. Die Bremer SPD forderte die Bundesregierung auf, „im Rahmen des Bündnisses deeskalierend zu wirken“.
Was ist diese Positionsbeschreibung vier Wochen später wert, wenn es zum Schwur kommt? Muss der Text als Unterstützung der Position des Abgeordneten Kunick interpretiert werden? Oder eher als das Gegenteil? Die Beratungen des Landesvorstandes dauerten gestern Abend bei Redaktionsschluss noch an. Klaus Wolschner
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