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Frankfurterin im Kommando Madrid?

Die Deutsche Petra Elser wird als mutmaßliches Eta-Mitglied an Spanien ausgeliefert

MADRID taz ■ Es war Petra Elser klar: Ihr Leben in Paris konnte nicht ewig dauern. Tag für Tag ging sie zur Arbeit, ohne zu wissen, ob sie abends wieder nach Hause kommen würde. Ihr Schicksal hing von den Richtern ab. Am Donnerstag war es dann so weit. Die französischen Behörden bewilligten die Auslieferung der 48-jährigen Frankfurterin nach Spanien. Dort erwartet sie jetzt ein Verfahren wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und 19-fachen Mordversuchs. Die Mutter eines sechsjährigen Kindes soll Anfang der 90er-Jahre dem Kommando Madrid der baskischen Separatistengruppe Eta angehört haben.

Die spanische Polizei fand Elsers Fingerabdrücke in zwei Wohnungen des Eta-Kommandos in der spanischen Hauptstadt. Die ehemalige Frankfurter Autonome hatte, so die Ermittler, die Wohnungen angemietet. Doch damit nicht genug: 1994 soll Elser an der Vorbereitung eines Anschlages auf einen Bus der Luftwaffe beteiligt gewesen sein. 19 Soldaten wurden dabei zum Teil schwer verletzt.

Elser zog es nach Frankreich. 1996 wurde sie zusammen mit ihrem Lebensgefährten Juan Luis Aguirre Lete in Bayonne verhaftet. Ein schwerer Schlag für die Eta, sollte sich herausstellen. Aguirre Lete gehörte der Führung der Separatisten an. Er befehligte die illegalen Kommandos. In der gemeinsamen Wohnung in Pau stellte die Polizei Sprengstoff und Granaten sicher. Der Lebensgefährte Elsers und Vater ihres Kindes war einer der Verantwortlichen für den gescheiterten Anschlag auf den spanischen König Juan Carlos I. 1995 in Mallorca.

Elser wurde in Frankreich wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu 30 Monaten Haft verurteilt. Mit einem Hungerstreik erzwang sie ihre Verlegung aus der Isolationszelle in den Normalverzug. Als sich das Auslieferungsverfahren hinauszögerte, wurde sie vorübergehend auf freien Fuß gesetzt. Ihr Ausweis wurde einbehalten. Sie musste sich aber regelmäßig bei der Polizei melden.

Petra Elser stammt aus der Frankfurter autonomen und feministischen Bewegung. Mehrere Jahre gehörte sie einem Solidaritätskomitee mit dem Baskenland an, auch dann noch, als bei anderen langsam Zweifel an den immer undifferenzierteren Eta-Anschlägen aufkamen. Anfang der 90er-Jahre siedelte sie nach Spanien über und verdingte sich als Sprachlehrerin in Madrid.

Seit der Verhaftung setzt sich ein Kölner Solidaritätskomitee für die Freilassung von Petra Elser ein (http://www.geocities.com/CapitolHill/Lobby/9126/welcome.html). Sie habe nichts mit den Eta zu tun, die Beziehung zum Führungsmitglied der bewaffneten Separatisten Aguirre Lete sei rein persönlich, heißt es zur Verteidigung der Frankfurterin. Alle gerichtsverwertbaren Aussagen gegen Elser seien unter Folter aus einem anderen Gefangenen, dem ehemaligen Mitglied des Kommando Madrid, Mikel Arzumendi, herausgepresst worden.

Die französischen Richter schenkten diesen Einwänden weniger Glauben als den Anschuldigungen aus Spanien. „Sie zahlt den Preis für die aktuelle Lage“, erklärte Elsers französische Anwältin, Irène Terrel, nach der Abschiebung ihrer Mandantin frustriert. Denn seit dem 11. September arbeiten Frankreich und Spanien noch enger zusammen. REINER WANDLER

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