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Beruhigung in Nahost

Israelis und Palästinenser bemühen sich um eine stufenweise Waffenruhe. Bei darauf folgenden Verhandlungen will Außenminister Peres Arafat einen Ministaat als ersten Schritt anbieten

JERUSALEM taz ■ Nach einem deutlichen Rückgang von gewalttätigen Zwischenfällen in den Palästinensergebieten seit der Rede von Präsident Jassir Arafat am Sonntag gibt es nun gemeinsame Ansätze, zu einer stufenweisen Waffenruhe zu gelangen. Danach sollen palästinensische Sicherheitskräfte die Positionen der abrückenden israelischen Armee beziehen, zunächst in den „Terrorhochburgen“ Nablus und Dschenin, dann im Gaza-Streifen. Eine eventuelle Waffenruhe soll die Basis zu politischen Verhandlungen über eine Interimslösung bilden, die Arafat vor Wochen noch zurückwies.

Gestern begann die israelische Armee mit dem Abzug ihrer Soldaten aus den Außenbezirken der Westuferstadt Ramallah. Das Büro von Arafat blieb jedoch von Panzern umzingelt. Die Palästinenserbehörde setzte ihre Verhaftungsaktionen fort.

Der Versuch der Palästinenserpolizei, Abdelasis Rantisi, einen der Hamas-Führer in Gaza, in der Nacht zum Donnerstag festzunehmen, scheiterte jedoch am Widerstand von hunderten teils bewaffneter Sympathisanten. Dabei wurden zwei Polizisten und fünf Zivilisten verletzt. Zuvor hatte Rantisi erklärt, er kenne keinen Hamas-Beschluss, Selbstmordanschläge zu stoppen.

Andere Hamas-Quellen enthüllten, es gäbe interne Debatten zum Thema Waffenruhe. Israelische Sicherheitskreise weisen jedoch weiter auf Informationen über Planungen spektakulärer Anschläge durch Extremistengruppen hin.Der teilweise Truppenabzug aus Ramallah ist eine direkte Folge der Beratungen des israelisch-palästinensischen „Gemeinsamen Sicherheitskomitees“, das erneut in der Nacht zum Donnerstag zusammentrat. Am Dienstag hatte Ministerpräsident Scharon den Chef des Inlandgeheimdienstes Schin Bet, Avi Dichter, zu regelmäßigen Kontakten mit der Autonomieverwaltung autorisiert, nachdem US-Außenminister Colin Powell eine israelisch-palästinensische Kooperation unmissverständlich gefordert hatte. Auch verstärkte Warnungen hoher Offiziere vor der Illusion einer militärischen Zerschlagung palästinensischer Terrorstrukturen dürften einen dämpfenden Effekt auf Scharongehabt haben.

An der diplomatischen Front setzte Außenminister Schimon Peres Gespräche mit Vertretern der Autonomiebehörde fort. Peres hofft auf Rückenstärkung für seine Idee der Gründung eines palästinensischen Ministaates als Interimslösung, sollte er bei der Aushandlung einer Waffenruhe erfolgreich sein. Wie die Zeitung Haaretz berichtete, strebt Peres die Ausrufung eines palästinensischen Staates in Gaza und den A- und B-Zonen des Westufers an, was rund 40 Prozent der Palästinensergebiete umfasst. Danach sollen, so Peres’ Idee, Verhandlungen über die Zukunft der restlichen Gebiete und der Grenzen auf der Basis der UNO-Resolutionen 242 und 338 beginnen. Endgültige Lösungen der Jerusalem- und Flüchtlingsfragen sollen zunächst ausgeklammert werden.

ANNE PONGER

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