: „Es steckt mir im Blut“
...sagte Martha Gellhorn. Sie war Kriegsreporterin und gehört damit zu einer seltenen Spezies
von ALEXANDRA FÖDERL-SCHMID
„Wenn es irgendwo auf der Welt richtig kracht, wir sind dabei. Das ist unser Job.“ Christiane Amanpour ist die Starreporterin von CNN. Die 43-Jährige ist seit Jahren überall dort, wo es Krisen und Kriege gibt. Dabei gilt die Kriegsberichterstattung noch immer als Männerdomäne. Frauen wie Amanpour oder die RTL-Korrespondentin Antonia Rados sind eine Ausnahme.
Vor einem halben Jahrhundert war es noch viel ungewöhnlicher, als Frau über den Krieg zu berichten. „Bist du ein Kriegsreporter oder eine Ehefrau in meinem Bett?“, telegrafierte Ernest Hemingway 1944 an seine Frau Martha Gellhorn, die in Italien gerade knapp einem Beschuss entgangen war. Gellhorn hatte der Versuchung nicht widerstehen können, einen Auftrag des US-Magazins Colliers anzunehmen. Mit Hemingway hatte die US-Amerikanerin noch gemeinsam über den Spanischen Bürgerkrieg berichtet. Doch diesmal wollte Hemingway nicht mehr mit, er hatte genug vom Krieg. „Ich muss es tun, es steckt mir im Blut“, begründete Gellhorn ihre Reise nach Europa. Von Hemingway hatte Gellhorn das Rüstzeug für ihren Beruf erhalten.
Immer wieder zog es die Amerikanerin nach Europa, Gellhorn wurde zur einfühlsamen Chronistin des Zweiten Weltkrieges. „Das Gesicht des Krieges“ nannte sie ihren Reportagenband, den sie mit Worten einleitete, die auch auf die heutige Situation passen würden: „Dieser Krieg war totaler Irrsinn: Ein einziger krimineller Geisteskranker und seine Gefolgsleute wollten etwas, das sie nie bekommen konnten, nämlich die Herrschaft über ihre Zeit.“
Zu den einprägsamsten Schilderungen Gellhorns, die Maren Gottschalk in ihrem Buch über Journalistinnen „Der geschärfte Blick“ wiedergibt, gehört die Beschreibung eines Mannes, dessen ganzer Körper zerfetzt wurde, nur die Schuhe blieben heil. „Bei diesem Anblick dachte ich, es wäre nicht schlecht, wenn diejenigen, die die Bomben werfen, manchmal hier unten auf der Erde durch die Straßen gehen und spüren würden, wie das ist.“
Nüchterner, nie in der Ich-Form schrieb Janet Flanner, die zweite Amerikanerin unter den Kriegsberichterstattern, über die Ereignisse in Europa. „Europa ist ein Leichenschauhaus, gefüllt mit Tod, Zerstörung und Verwesung.“ Im Mai 1945 beschreibt sie die zerbombten deutschen Städte: „Köln ist nun ein Paradigma der Zerstörung. Das nahe Aachen ging anders zu Grunde: sein schönes, melancholisches Gerippe steht noch, aber hinter den eleganten, verzierten Fassaden ist es ausgebrannt. Köln dagegen mit seiner schweren mittelalterlichen Pracht ist in die Luft gesprengt worden. Im Schutt und in der Einsamkeit völliger physischer Zerstörung lehnt Köln, bar jeder Gestalt und schmucklos, an seinem Flussufer.“
Obwohl sie ihren Kampf gegen den Krieg nie aufgegeben hat, beurteilte Gellhorn in ihrem Buch „Gesicht des Krieges“ nüchtern, dass Kriegsreporter nicht viel ausrichten können: „Mit unseren Artikeln richteten wir so viel Gutes aus, als ob wir sie mit unsichtbarer Tinte geschrieben, auf Blätter gedruckt und in den Wind geworfen hätten.“
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