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Mediziner sollen Uni-Klinikum verlieren

Freie Universität Berlin protestiert gegen Zurückstufung ihres Ausbildungskrankenhauses durch rot-rote Koalition

BERLIN taz ■ Das erste Opfer der Berliner Geldnot soll die Freie Universität werden. Laut rot-roter Koalitionsvereinbarung soll ihr Klinikum „Benjamin Franklin“ (UKBF) seinen Status als Universitätsklinikum verlieren und zu einem normalen Krankenhaus werden. Die neue Landesregierung verspricht sich dadurch die Einsparung von jährlich 95 Millionen Euro Staatszuschüssen für Lehre und Forschung sowie weiteren 200 Millionen Euro an nötigen Sanierungskosten.

An der Freien Universität (FU) stößt dieser Plan auf heftigen Widerstand. Durch den Verlust der medizinischen Fakultät würde sie ihren Status als Volluniversität verlieren. Das Klinikum der Humboldt-Universität, die Charité, wäre dann das einzige verbleibende Universitätskrankenhaus in Berlin. Während der designierte Kultur- und Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS) die geplante Maßnahme als eine „Zentralisierung“ begrüßt, bezeichnete FU-Präsident Professor Peter Gaehtgens sie als Rückschritt. Er bezweifelt auch die Höhe der möglichen Einsparungen. Mediziner, die am Anfang ihres Studiums stehen, hätten zudem einen Rechtsanspruch auf Fortführung ihres Studiums. Deshalb würden Spareffekte erst in der nächsten Legislaturperiode bemerkbar werden, meinte Gaehtgens.

Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Christian Gaebler, verteidigte indes die Schließung. Die Haushaltslage erzwinge Einsparungen. „Bei pauschaler Kürzung über alle Einrichtungen hinweg ist die Qualität von Lehre und Forschung so gefährdet, dass Berlin seinen Spitzenplatz sicher verlieren würde.“ Die einzige Alternative sei der Verzicht auf einen Standort, sagte Gaebler der taz. Allein der jährliche Zuschuss an das UKBF entspreche fast dem Zuschuss an alle Berliner Fachhochschulen mit etwa 22.000 Studienplätzen.

Die Rückstufung des Universitätsklinikums Benjamin Franklin wäre ein Novum in der deutschen Hochschullandschaft. „Meines Wissens ist es das erste Mal in Deutschland, dass ein Uniklinikum platt gemacht wird“, sagt der UKBF-Prodekan für Forschung, Rudolf Tauber.

Dagegen setzten sich gestern Hunderte StudentInnen, ProfessorInnen und Mediziner zur Wehr. In einem Sternmarsch zogen sie am Freitagnachmittag zum Internationalen Congress Centrum (ICC). Dort befasste sich am Abend ein SPD-Landesparteitag mit der Koalitionsvereinbarung mit der PDS.

MARKUS MÜNCH

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