: „Die USA können kommen und nachsehen“
Nur Ahmed Weheliye, Direktor im Planungsministerium, über Machtlosigkeit der Regierung und Druck von außen
taz: Wie verhält sich die Regierung in Mogadischu angesichts einer möglichen US-Aktion in Somalia?
Nur Ahmed Weheliye: Die Regierung ist fassungslos. Wir sprechen mit den USA und anderen Ländern über die Vermutung, dass Terroristen in Somalia sind, und sagen ihnen, sie können kommen und nachsehen.
Gibt es also Terroristen in Somalia?
Ich weiß es nicht genau. Es gibt die islamistische Organisation al-Ittihad. Aber man weiß nicht genau, wer dazugehört. Sie hat keine Lager und kein Militär. Sie existierte im Distrikt Gedo, aber Äthiopien und die dortigen Clans haben sie dort bekämpft, und dann gingen sie auseinander.
Haben Islamisten Einfluss in Somalia und in der Regierung?
Man muss wissen, dass seit dem Zusammenbruch unseres Staates 1991 Islamisierung wichtig geworden ist. Die Leute hatten die Hoffnung verloren und wurden fatalistisch. Aber ich glaube nicht, dass das etwas mit Terrorismus zu tun hat.
Die Islamisten bekamen Geld von arabischen Organisationen, bauten Schulen und gründeten Firmen. Sie gewannen sozialen und wirtschaftlichen Einfluss. Aber ich kenne niemanden in der Regierung, der Fanatiker zu nennen wäre. Aber natürlich ist es in einem Land, das keine richtige Regierung hat, möglich, dass schlimme Elemente sich dort niederlassen. Die Sorge ist berechtigt. Vernünftig wäre, zu sagen: Wenn sie in Somalia sind, muss man sie identifizieren, unter Kontrolle bringen und verhaften, in Zusammenarbeit mit der Regierung.
Wieso wird stattdessen jetzt nach Ihrer Meinung nach eine Kampagne gegen Ihre Regierung gefahren?
Die Regierung ist Äthiopien nicht geheuer. Als sie in Dschibuti gebildet wurde, sagte Äthiopien gleich: Die ist religiös. Äthiopien favorisiert andere Kräfte in Somalia.
Will Äthiopien die Regierung in Mogadischu stürzen?
Ich glaube schon.
Warum wird die Regierung in Mogadischu von so vielen Gruppen in Somalia nicht akzeptiert?
Die Situation in Somalia war lange chaotisch. Geschäftsleute begrüßten die Regierung, aber sie unterstützten sie nicht, weil sie ihren Freiraum nicht beschnitten sehen wollten. Dann gab es verschiedene Warlords gerade in Mogadischu selbst. Drittens hat die Regierung kein Geld. Nichtsdestotrotz hat die Regierung eine Polizei aufgebaut und versucht, Ordnung zu schaffen, die Checkpoints von Banditen zu beseitigen.
Aber die Regierung kontrolliert ja nicht einmal ganz Mogadischu!
Die Regierung hat nicht geschafft, was sie hätte schaffen können.
Was könnte die Regierung ihren Gegnern anbieten, damit diese ihren Kampf gegen sie einstellen?
Die Regierungsbeteiligung. Ministerposten stehen ihnen offen. Regierung und Parlament sind sowieso nach Stämmen geteilt, jeder Stamm entsandte seine Vertreter in die Institutionen.
INTERVIEW: DOMINIC JOHNSON
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