: Schily sucht V-Leute bei NPD
Waren weitere Zeugen für NPD-Verbot Informanten, hat der Innenminister ein Problem
BERLIN taz ■ Drei neue Entwicklungen brachte der gestrige Tag in der Affäre um das verpatzte NPD-Verbotsverfahren – und in keiner macht Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) eine besonders gute Figur. Da ist zunächst die Versicherung des Ministers, der Verfassungsschutz habe außer dem enttarnten früheren V-Mann Wolfgang Frenz keinen der 14 Zeugen geführt, die vor dem Verfassungsgericht aussagen sollen. Schilys Sprecher rückte gestern von dieser kategorischen Festlegung seines Ministers ab: „Der nochmalige Überprüfungsvorgang läuft.“ Schily habe sich am Mittwoch auf der Basis seines damaligen Kenntnisstands geäußert.
Damit setzt Schily sich dem Verdacht aus, seine Versicherung entweder falsch oder doch zumindest leichtfertig abgegeben zu haben. Nach Schilys Auftritt im Innenausschuss des Bundestages am Mittwoch berichtete Cem Özdemir von den Grünen: „Uns wurde gesagt, es gebe keine weiteren Fälle.“ Özdemir war sicher: „Alles andere wäre mit Sicherheit eine Katastrophe.“
Trotzdem verdichten sich in einer parallelen Entwicklung die Hinweise auf weitere V-Leute. Sowohl der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle als auch CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer sprachen von bis zu vier möglichen V-Leuten auf der Zeugenliste. Westerwelle erklärte, ihm seien zwei Namen sogar bereits genannt worden.
Auch im Parlament droht Schily jetzt Ungemach. Union und FDP im Bundestag erwägen derzeit, einen Untersuchungsausschuss zu beantragen. In einer aktuellen Stunde musste der Minister sich harte Kritik der Opposition anhören. Nach der CDU forderte als erste FDP-Politikerin die frühere Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Schilys Rücktritt.
Der Innenminister versuchte sich gestern den Rücken freizuhalten, indem er im Streit mit seinem bayerischen Kollegen Günther Beckstein abwiegelte. Schily hatte dem CSU-Politiker noch am Vortag eine Mitschuld an den Pannen gegeben. Auf dessen heftigen Protest erklärte heute Schilys Sprecher, der Minister wolle kein „Schwarze-Peter-Spiel“ betreiben.PATRIK SCHWARZ
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