: Rätsel um Blausäure
Nach der Festnahme von vier Marokanern spekuliert Italiens Polizei über Attentatspläne gegen US-Botschaft
ROM taz ■ In Italien wird darüber spekuliert, ob mit der Festnahme von vier Marokkaner in einem Stadtrandviertel Roms eine Al-Qaida-Zelle ausgehoben wurde, die einen großen Terroranschlag gegen die US-Botschaft in Rom vorbereitete. Denn der Polizei fielen nicht nur gefälschte Ausweispapiere in die Hände, sondern auch 4,4 Kilogramm Kalium-Eisenzyanid, 12 Kilo Feuerwerkssprengkörper sowie Pläne des Wasserversorgungsnetzes von Rom. Auf diesen Plänen war angeblich der Sitz der US-Botschaft in der Via Veneto rot markiert. Und nicht zuletzt stehen die vier Festgenommenen in Verdacht, Verbindungen zu der „Salafitischen Gruppe für das Gebet und den Kampf“ – einer zum Netzwerk der al-Qaida gerechnete Abspaltung der algerischen GIA – unterhalten zu haben.
Bisher sind die Marokkaner – alles Männer im Alter zwischen 30 und 40 Jahren – allerdings nur der „Hehlerei mit Kalium-Eisenzyanid“ und des Besitzes falscher Papiere beschuldigt, denn noch rätselt die Polizei über die möglichen Anschlagspläne. Kalium-Eisenzyanid ist zwar eine Blausäureverbindung, sie ist aber legal im Handel erhältlich und kommt zum Beispiel bei Wein- und Traubensaftproduktion zum Einsatz. Roms Präfekt Emilio Del Mese sah es deshalb als geboten, schon am Mittwochabend Entwarnung zu geben: Die beschlagnahmte Menge sei „absolut ungeeignet, um bei einer Einbringung in die Wasserversorgung nennenswerte Schäden zu provozieren“.
Die Möglichkeit eines gezielten Anschlags auf die Wasserversorgung der US-Botschaft ist damit jedoch nicht ausgeschlossen; die Carabinieri führten eine Begehung der unterirdischen Kanäle im Umkreis der Botschaft durch, bei der Spuren dafür gefunden worden sein sollen, dass in den letzten Monaten Eindringlinge ebendort unterwegs waren. Zugleich werden auch andere Szenarien für möglich gehalten: Das Zyanid könne aus der Kalium-Eisen-Verbindung gelöst und als Gas in Klimaanlagen eingebracht werden. Oder – dies die letzte in Erwägung gezogene Hypothese – es sei geplant gewesen, unter Verwendung der jetzt gefundenen Sprengkörper eine rudimentäre chemische Bombe zu bauen. MICHAEL BRAUN
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