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„Der Mainstream hat Folgen für grüne Politik“

Rüdiger Sagel, wirtschaftspolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion in NRW, zur Debatte über Arbeitslosen- und Sozialhilfe

taz: Die Grünen sprechen in ihrem neuen Grundsatzprogramm viel von Chancengerechtigkeit statt von Chancengleichheit. Ist das die neoliberale Wende?

Rüdiger Sagel: Ich würde nicht von einer neoliberalen Wende reden, aber es ist schon so, dass der augenblickliche gesellschafliche Mainstream seine Folgen für grüne Politik hat.

Und dieser Mainstream meint, die üppigen Sozialleistungen machen Sozialhilfeempfänger träge und Arbeitslose unflexibel und bequem.

Das Ziel muss die Reintegration in den Arbeitsmarkt bleiben. Wir müssen uns natürlich den aktuellen Diskussionen stellen und ihnen einen grünen Dreh geben.

Der grüne Dreh lautet nun: Zusammenfassung der Sozial- und Arbeitslosenhilfe zur bedarfsorientierten Grundsicherung. Auch der künftige Chef der Bundesanstalt für Arbeit, Florian Gerster, und Guido Westerwelle von der FDP wollen die Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau drücken.

Ich befürworte die Grundsicherung, aber wenn man die Arbeitslosen- und Sozialhilfe so verbindet wie im Grundsatzprogramm, dann werden Empfänger von Arbeitslosenhilfe künftig nur noch eine soziale Grundsicherung bekommen, die deutlich unter ihren derzeitigen Bezügen liegt. Für alle allein stehenden Leistungsbezieherinnen und -bezieher, die vor der Arbeitslosigkeit 2.228 Mark netto und mehr verdient haben, würde der Wegfall schlicht Sozialabbau und Einkommensverlust bedeuten. Deshalb sollte das so nicht in unserem Programm bleiben.

Aber die große Mehrheit hat das so beschlossen. Warum konnten Sie und Ihre Mitstreiter sich mit der Forderung nach einem Bestandsschutz für Arbeitslose nicht durchsetzen?

Die Grünen versuchen derzeit, der sozialen Grundsicherung eine neue Systematik zu geben. Dabei ist aber noch ungeklärt, welche Leistungen eine bedarfsorientierte Grundsicherung beinhalten soll. Jetzt den Bestandsschutz aufzugeben, halte ich für fatal. Das wird bei allen, die Arbeitslosenhilfe beziehen, Irritationen auslösen.

Wann wird geklärt, wie hoch eine bedarfsorientierte Grundsicherung sein sollte?

Spätestens in zwei Monaten, wenn unser Bundestagswahlprogramm in Wiesbaden diskutiert wird, muss gesagt werden, was Empfänger von Arbeitslosen- und Sozialhilfe erwarten können.

Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen, Metzger, hat ja schon sehr deutlich gesagt, wie er sich die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe im Zuge der Gemeindefinanzreform im Jahr 2003 vorstellt. Er will 10 Milliarden Euro sparen.

Oswald Metzger macht Vorschläge, die zumindest von uns nicht geteilt werden. INTERVIEW: ULRIKE HERRMANN UND EBERHARD SEIDEL

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