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Mit der Ostelbierin nach rechts?

Adlig, konservativ, attraktiv: Barbara von Wnuk-Lipinski scheint die ideale Vorsitzende, um den Rechtsschwenk des RCDS zu verstärken. Wie die „Junge Freiheit“ und ihre V-Männer beim RCDS einen nationalkonservativen Studentenverband designen

von CHRISTIAN FÜLLER

Wenn es um ihre Abstammung geht, legt Barbara von Wnuk-Lipinski durchaus Wert auf Distinktion. Wnuk, der Name zeige Landadel an, bemerkt der Frager. Wer das behaupte, gibt die 25-Jährige spitz zurück, hätte keine Ahnung. Es handle sich bei den Wnuk-Lipinskis um polnischen Uradel. Fehlte bloß noch, dass sie sich räuspert, die neue Chefin des Rings Christlich Demokratischer Studenten (RCDS).

Eigentlich ist Frau von Wnuk gar nicht so. Die Seglerin und Dynamikerin pflegt eher den Hey-du-Slang. Hat sie in Dublin beim Studium gelernt. Möglicherweise auch im ARD-Hörfunkstudio in New York, wo sie Praktikum machte. Also Barbara.

Aber weil die Burschen von der Jungen Freiheit (JF) mit Barbara nicht persönlich sprachen, haben sie deren Liberalität nicht bemerkt. Das war der Zeitung, die der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz als intellektuelle Popularisiererin des Rechtsextremismus einstuft, ganz recht. So konnten sie besser dichten: Die aus ostelbischem Vertriebenenadel stammende Barbara von Wnuk-Lipinski sei wertkonservativ. Wnuk könne, so die Junge Freiheit, die Rückbesinnung des größten politischen Studentenverbandes auf seine Wurzeln bewirken. Man spürte förmlich das Aufatmen bei der publizistischen Edelrechten.

Der gerade neu gewählten Chefin des CDUnahen RCDS ist das mit dem Porträt in der JF peinlich – ein bisschen. Es war die erste ernst zu nehmende Publikation nach ihrer Wahl. Und das in der Zeitschrift der Neuen Rechten, mit der die RCDSler ein ganz spezielle Beziehung haben: Immer öfter kommen Junge-Freiheit-Autoren aus dem Ring – oder sind gar aktiv im Studentenverband mit seinem starken nationalkonservativen Flügel.

Die Junge Freiheit hat aber noch mehr unternommen. RCDSler bekamen reihenweise Freiexemplare zugesandt. Zusätzlich bot JF-Marketingmann Frank Schilling kostenlose Anzeigen an. Hier beginnt das Problem der dynamischen Wnuk: Viele Ringstudenten freuen sich.

„Schön, dass sich der Nachwuchs-Axel-Springer so um den Verband kümmert“, heißt es auf der internen RCDS-Mailingliste. Für einen anderen Studenten des formell christdemokratischen Studi-Verbandes löst sich durch das großzügige Angebot der JF ein Problem: Er habe an vier Kiosken die Junge Freiheit nicht bekommen: „Die Verkäuferinnen hatten Angst!“ David Eckel, RCDS-Chef in Potsdam, findet den Text über seine neue Vorsitzende schlicht gut. Kein Wunder. Eckel hat den JF-Redakteur Steffen Königer bei sich im Vorstand – ein prima Kerl mit „völlig unverdächtigem Auftreten“ (Eckel).

„Sicher war Preußen keine Demokratie“, hat Königer in einem Forum des RCDS-Potsdam zum Besten gegeben, „Deutschland ist es zurzeit auch nicht!“ Sein Vorsitzender studiert Politik und stört sich an so was nicht. Für Eckel sind die Gegner im eigenen Verband andere: „Ich bin kein Freund der Schwulen- und Lesbenunion – weil ich konservativ bin.“ Die Homos sollten besser keine eigene Gruppierung bilden. Das zersplittere nur die politische Einheit des RCDS. Im Ring gibt es in der Tat Streit zwischen Liberal- und Nationalkonservativen: Die einen, vertreten durch den „Lesben- und Schwulen-RCDS“ in Köln, die anderen durch die Fans der Pickelhaube in Kiel, Bonn, Potsdam, Hamburg und anderswo.

Wo sich die Chefin Barbara aus dem polnischen Kleinadel positioniert, weiß sie noch nicht. „Solange sich jemand demokratisch verhält“, kommentiert sie die Junge-Freiheit-Leute in ihren Reihen, „besteht keinerlei Veranlassung tätig zu werden.“

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