: Unter Verschluss
■ Schill-Partei verweigert der Polizei die Herausgabe von Ordnerliste
Obwohl Bezirksjugendrichter Burckhard Grosse die Maßnahme der Schill–Ordner für unkorrekt hält, hat er gestern den Schüler Felix W. wegen Beleidigung zu drei Tagen Arbeitsauflagen verurteilt. Verteidiger Andreas Beuth geht in Berufung. „Es geht zwar nicht um viel, aber es hängt da noch ein ganzer Rattenschwanz dran.“
Felix hatte im Juni vorigen Jahres mit politischen FreundInnen eine Wahlkampfveranstaltung von Ronald Schill im Langenhorner Hotel Tompfort besucht. Im Vorfeld hatten die rund 15 Jugendlichen diskutiert, die Veranstaltung bewusst nicht zu stören, sondern durch unbequeme Fragen konstruktiv zu beeinflussen. Doch ein klingelndes Handy im Saal nutzte die Schill-Ordnertruppe dann, um die unbequemen Gäste zu entfernen. Sie zerrten, trugen und schubsten die SchülerInnen aus dem Saal. Dabei haben sie Felix mehrfach mit den Kopf gegen Türrahmen und Tische gestoßen, Mitstreiterin Mounira mehrmals mit dem Faust in den Bauch geschlagen, so dass sie ein stumpfes Bauchtrauma davongetragen hat. Die Gruppe wurde insgesamt als „asoziales Dreckpack“ beschimpft.
Draußen vor der Tür nahm dann Ordner Söhnke K. seine Ordnerbinde ab, „um privat zu sein“, beschimpfte Felix als „dreckiger Punk“ und drohte der Gruppe erneut: „Ich rolle euch alle über, ich walz' euch platt.“ Dabei, nun die Ordnerversion, soll Felix den stämmigen Sönke K. als „Nazi-Schwein“ und Ordner Heinz E. als „Schill-Schwein“ tituliert haben.
Während Polizisten vor Ort zwar brav die Beleidigungsanzeige der Schill-Ordner aufnahmen, mussten die Jugendlichen erst ein Polizeirevier aufsuchen, um ihrerseits Anzeige zu erstatten. Und diese wurde dann auch nur halbherzig aufgenommen, indem die Bedrohung, nicht aber die ausgestoßenen Beleidigungen und die Körperverletzungen zu Protokoll genommen wurden. Bei der Suche nach dem Schläger von Mounira tappt die Polizei daher noch im Dunkeln. Denn Gesundheitssenator Peter Rehaag lehnte im Namen der Schill-Partei die Herausgabe der Ordnerliste ab. Dem Ansinnen der Polizei, im Rahmen einer Durchsuchung der Schill-Partei-Zentrale die Ordnerliste sicherzustellen, kam die Staatsanwaltschaft bislang nicht nach. Kai von Appen
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