: Bezahlfernsehen unbezahlbar?
Kommt er, oder kommt er nicht – der Insolvenzantrag für KirchPayTV und Premiere? Noch merkt der Abonnent nichts von der Kirch-Krise. Doch hinter den Kulissen werden mögliche Szenarien durchgespielt. Und selbst Murdoch, der eigentlich nichts mehr von Premiere wissen wollte, ist wieder mit dabei
Noch merken Premiere-Abonennten nichts. Noch ist das Programm des Bezahlsenders unbeeinträchtigt von der Kirch-Krise. Auch auf der Internetseite des Bezahlkanals gibt es keinen Hinweis, dass sich das vielleicht bald ändern könnte. Im Gegenteil: Hier wirbt Premiere hoffnungsfroh für seine Sport- oder Superpakete: „Jetzt 50 Euro sparen!“ Nur wer nicht genau hinschaut, hat vorübergehend den Eindruck, Premiere wolle via Internet das fehlende Geld zusammenkratzen und liest fälschlicherweise: „Jetzt 50 Euro spenden!“ Aber selbst damit wäre es nicht getan – der Abo-Sender machte im vergangenen Jahr rund 800 Millionen Euro Verlust und gilt als Hauptursache für das finanzielle Desaster Kirchs.
Wie es mit der KirchPayTV und somit mit Premiere weiter gehen wird – daran scheiden sich die Geister. Bei Kirch selbst sind die Informationen zweideutig: Nachdem der von Leo Kirch berufene Sanierungsbeauftragte Wolfgang van Betteray am Montag einen Insolvenzantrag des KirchPayTV noch für den selben Tag angekündigt hatte, beeilten sich KirchPayTV und Premiere, dies heftig zu dementieren. „Ein Missverständnis“, sagte eine Sprecherin der Kirch-Gruppe gegenüber der taz lapidar.
Kommt Murdoch?
„Zur Zeit laufen noch Gespräche mit allen Gesellschaftern“, erklärte Premiere-Sprecher Dirk Heerdegen. Er schloss aus, dass im Laufe des Tages ein Insolvenzantrag gestellt werde. Bis zum Redaktionsschluss wurden keine konkrete Informationen über die Perspektive von Kirchs Bezahlfernsehen bekannt gegeben.
Branchenkenner spekulieren jedoch über zwei Lösungen für die Zukunft des Senders und seiner lediglich 2,4 Millionen Abonnenten. So könnte der australische Medienunternehmer Rupert Murdoch, der bereits über seinen britischen Pay-TV-Sender BSkyB mit 22 Prozent an Premiere beteiligt ist, eine Insolvenz von KirchPayTV abwarten und dann den Abo-Sender komplett übernehmen. Vielleicht hat er aber auch genug von den Versuchen, deutschen Fernsehguckern Pay-TV anbieten zu wollen, die – anders als die Briten – einfach nicht mitziehen wollen. Im Oktober, so ist es vertraglich vereinbart, könnte er sich ganz aus Premiere zurückziehen und rund 1,7 Milliarden Euro forden. Fragt sich nur: von wem? In einer anderen möglichen Variante wären die US-Filmstudios am Zug. Da Kirch mit ihnen Verträge über Filmrechte abgeschlossen hat, könnten sie an einer kleineren Beteiligung an Premiere interessiert sein.
Noch Mitte März startete Premiere verzweifelte Versuche, sich selbst zu sanieren. Mit radikalem Stellenabbau – 25 bis 30 Prozent von 2.400 Arbeitsplätzen sollten gekürzt werden – und mit mehr Erotik im Programm. Damit hoffte man, zusätzliche Abonnenten gewinnen zu können. Bis 2003 sollten die Abo-Zahlen von 2,4 Millionen auf über drei Millionen steigen, war damals die optimistische Prognose von Premiere-Geschäftsführer Georg Kofler. JH/ALK
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