piwik no script img

Mehr Schaum, weniger Bier

Gefühlte Inflation: Zehn Prozent. Mit dem Euro wurde vieles in Handel und Gastronomie teurer, sagt die Verbraucherzentrale  ■ Von Peter Ahrens

Das Bier, das Rubbellos, der Döner – ihre Gemeinsamkeit: teurer geworden. Genau wie das Croissant beim Bäcker, das Gemüse beim Händler, das Menu im Restaurant. Mit dem Euro kam die Verteuerung – davon ist die Hamburger Verbraucherzentrale überzeugt. „Jeder, der einkauft, hat es gemerkt, und jeden hat es tierisch geärgert“, sagt Edda Castello, Abteilungsleiterin bei der Verbraucherzentrale.

Meldungen des Statistischen Bundesamtes, die Euro-Einführung habe insgesamt keine Preiserhöhung nach sich gezogen, führten nach Ansicht der Verbraucherschützer in die Irre. Die Bundesstatistiker hatten den so genannten repräsentativen Warenkorb zu Grunde gelegt und festgestellt, der sei nicht teurer geworden.

In diesem Warenkorb, der die Grundbedürfnisse eines einzelnen Bundesbürgers statistisch festlegt, sind aber auch Anteile für langfris-tig vereinbarte Kosten wie Miete oder Versicherungen enthalten – also Kosten, die sich zum Jahresbeginn gar nicht verteuern konnten und den Durchschnittswert damit nach unten ziehen. Daher kommt das Bundesamt, so die Verbraucherzentrale, zu einem unzulässigen Resultat: Denn die Waren des täglichen Bedarfes – das, was man tagtäglich einkauft – haben preislich mit dem Euro erheblich angezogen. „Verbraucher kaufen eben nicht nach Statistiken ein, sondern nach ihren regelmäßigen Bedürfnissen“, sagt der Leiter der Zentrale, Günther Hörmann.

Bei der Hamburger Gastronomie, so Castello und Hörmann, sei die Erhöhung besonders auffällig gewesen. Das heißt aber nicht, dass die Gastwirte stärker verteuert hätten als der Einzelhandel. Der Handel war lediglich geschickter und hatte schon im Vorjahr damit begonnen, still und heimlich zu verteuern, während die Kneipen und Restaurants erst pünktlich zum 1. Januar mit ihren neuen Speise- und Getränkekarten aufwarteten.

Die Verbraucherschützer hatten Handel und Dienstleister schon seit dem vergangenen Sommer im Auge. Geschäfte, die schon im Vorjahr schamlos verteuert haben, wurden im Internet in einer viel beachteten Sünderkartei an den Pranger gestellt. „Die Kartei hat mit Sicherheit Druck auf Unternehmen ausgeübt, ihre Preisaufschläge zu begrenzen“, ist Hörmann überzeugt.

Sehr viele andere Druckmittel haben Verbraucherschützer und Käufer aber nicht. Es gibt keine rechtliche Handhabe gegen die Erhöhungen: „Händler können ihre Preise schließlich rauf- und runter setzen, wie sie mögen“, sagt Cas-tello.

Und so bleibt als einziger Ratschlag der Boykott der Geschäfte, die durch unbegründete Preiserhöhungen auffallen. Oder sich zumindest zu beschweren – das könne auch zuweilen helfen: „Den Unternehmern macht es ja auch keinen Spaß, wenn jeder zweite Kunde meckert“, sagt Castello.

Die offizielle Inflationsrate liegt derzeit bei zwei Prozent, „die gefühlte Inflationsrate“ beziffert Hörmann auf mindestens zehn.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen