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Sonderpflichten für Männer bleiben bestehen

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe spricht sich auch in einem erneuten Beschluss nicht gegen die Wehrpflicht aus

KARLSRUHE taz ■ Die Beschränkung der Wehrpflicht auf Männer ist nicht verfassungswidrig. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht in einem gestern bekannt gemachten Beschluss. Erneut wurde eine Richtervorlage als „unzulässig“ zurückgewiesen. Schon Mittwoch hatte Karlsruhe die Auffassung abgelehnt, die Wehrpflicht sei nach dem Ende des Kalten Kriegs verfassungswidrig geworden.

Das gestrige Verfahren war durch das Amtsgericht Düsseldorf ausgelöst worden. Dort musste sich ein Wehrpflichtiger verantworten, weil er aus Liebeskummer für drei Monate aus seiner Kaserne verschwunden war. Der Düsseldorfer Strafrichter wollte den Mann allerdings nicht verurteilen. Nach Ansicht des Richters ist die Wehrpflicht verfassungswidrig, weil sie auf Männer beschränkt ist. Darin liege ein Verstoß gegen die im Grundgesetz enthaltene Pflicht zur Gleichbehandlung der Geschlechter, so die Begründung. Die im Grundgesetz ebenfalls verankerte Wehrpflicht für Männer hielt der Amtsrichter dagegen für „verfassungswidriges Verfassungsrecht“.

Dieser Ansicht schloss sich Karlsruhe nicht an. Das Grundgesetz verbiete den Waffendienst für Frauen sogar ausdrücklich. Die Wehrpflicht für Männer sei eine in der Verfassung vorgesehene „ranggleiche“ Ausnahme von der Geschlechtergleichheit.

Neu ist diese Erkenntnis keineswegs. Schon seit den Sechzigerjahren hatte sich das Verfassungsgericht in diesem Sinne geäußert. Auch die Zulassung von Frauen zum freiwilligen Waffendienst, die der Europäische Gerichtshof (EuGH) 1999 erzwang und die mit einer klarstellenden Grundgesetzänderung abgesichert wurde, gebe keinen Grund für eine andere Beurteilung.

Viele Wehrpflichtgegner setzen ihre Hoffnung nun auf den EuGH, denn Europarecht kann auch das Grundgesetz aushebeln. Am Dienstag wird das EU-Gericht über den Fall des Jurastudenten Alexander Dory verhandeln. Dory hat gegen seine Musterung und Einberufung geklagt, weil die einseitige Wehrpflicht gegen die EU-Gleichstellungsrichtlinie verstoße.

Doch die Chancen von Dory, eine gerichtliche Entscheidung gegen die Wehrpflicht zu erzwingen, sind gering. Denn die fragliche Richtlinie gilt nur für normale Beschäftigungsverhältnisse und nicht für Zwangsdienste. Der Jurastudent könnte höchstens argumentieren, dass sich sein Zugang zum Arbeitsmarkt verzögert und er dadurch gegenüber Frauen benachteiligt ist. Ob er aber beweisen kann, dass Männer schlechtere Einstellungschancen haben, weil sie ein Jahr älter sind als gleich qualifizierte Frauen, ist fraglich. Im öffentlichen Dienst werden für Wehr- und Zivildienstleistende sogar Altersgrenzen gezielt nach hinten verschoben, um jede Benachteiligung von Männern zu vermeiden.

Mit einem Urteil im Fall Dory ist noch 2002 zu rechnen. Zuerst muss aber der unabhängige Generalanwalt seinen „Schlussantrag“ erarbeiten. Diesem Antrag, der in einigen Monaten veröffentlicht wird, folgen die EuGH-Richter häufig. Vor Gericht wird der 19-jährige Dory von seinem Vater vertreten. Dessen Göppinger Kanzlei will Dory einmal übernehmen. Nachteile durch die Wehrpflicht sind da kaum zu erwarten. CHRISTIAN RATH

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