: Ein Sozialsystem nur für die Dänen
aus Stockholm REINHARD WOLFF
Dafür, dass die rechtspopulistische Dänische Volkspartei bei der Novemberwahl zur drittstärksten Partei aufstieg, darf sie sich bei den Sozialdemokraten bedanken. Zwei Drittel derer, welche der Sozialdemokratie den Rücken kehrten, machten ihr Kreuz nun bei der fremdenfeindlichsten Partei. Dänemark hat kein Arbeitslosenproblem und liegt mit einem AusländerInnenanteil von 5 Prozent in der EU vergleichsweise fast am Ende dieser spezifischen Statistik.
Wie in anderen europäischen Ländern wiederholte sich aber auch hier der Effekt, dass dann, wenn nahezu das gesamte etablierte Parteienspektrum es für opportun hält, auf das Thema „Zu viele Ausländer“ zu setzen, die WählerInnen diejenigen bevorzugen, die ihnen die radikalsten Rezepte liefern.
Die Partei der Demagogin Pia Kjærsgaard – die sich jetzt beeilte, jede Nähe zu Le Pen zu bestreiten – wurde aber auch deshalb wählbar, weil sie von der Schwäche der rechtspopulistischen Fortschrittspartei lernte, von der sie sich in den 90er-Jahren abgespalten hatte. Man hütet sich, das Fundament des Wohlfahrtsstaats in Frage zu stellen. Wer sie wählt, will diesen nicht abschaffen, sondern ihn „effektiver“ machen, sich gegen die negativen Folgen der Globalisierung „isolieren“, den „kleinen Mann“ in den Vordergrund rücken.
Auch wenn KritikerInnen meinen, eine Umsetzung der wirtschaftspolitischen Vorstellungen der Volkspartei würde Dänemark in den Staatsbankrott führen, so ist die Partei erfolgreich, weil sie verbal viele ehemals sozialdemokratische Werte aufgenommen hat: Erst einmal müsse man sich um die kümmern, „die unser Land mit harter Arbeit und niedrigem Lohn aufgebaut“ haben. Und das sind für die Populisten natürlich ausschließlich DänInnen. Zugleich setzt man auf die Angst der ehemals linken Wähler vor einer Zukunft, welche immer weniger von Kopenhagen und immer mehr von Brüssel bestimmt werde. Und: Nicht der Altersaufbau der Bevölkerung ist für Probleme des Rentensystems verantwortlich, sondern die drei Prozent der Bevölkerung muslimischen Glaubens. Bei diesen Fragen kann man aber auch deshalb erfolgreich sein, weil die „neue“ Sozialdemokratie auf sie keine Antwort fand.
Die Linke hielt es für ausreichend, die Volkspartei als „nicht stubenrein“ abzutun. Eine Bewertung, die nach hinten losging. Angesichts eigener Skandale und gebrochener Wahlversprechungen hätte sich für die „edle“ Elite dieser Maßstab verbieten sollen. Und eine Partei zum Underdog zu erklären, wird spätestens dann zur regelrechten Auszeichnung, wenn sich deren WählerInnen selbst als Underdogs fühlen.
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