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Dauerkrise Scharping

Haushaltsausschuss macht Sondersitzung: Die Finanzierung des Airbus-Projekts ist weiter umstritten. Hat der Verteidigungsminister doch Schadensersatz zugesagt?

BERLIN taz ■ Eine doppelte Ehrenrettung erfuhr der grüne Haushaltsexperte Oswald Metzger gestern. Parteichef Fritz Kuhn nannte seine anhaltende Kritik am Airbus-Projekt von Verteidigungsminister Rudolf Scharping gerechtfertigt – und Bundestagspräsident Wolfgang Thierse setzte für den heutigen Dienstag eine Sondersitzung des Haushaltsausschusses an. Dort wollen die Abgeordneten den jüngsten Verwicklungen bei der Bewilligung der Airbus-Gelder nachgehen. Noch letzte Woche hatte der grüne Umweltminister Jürgen Trittin seinen Parteifreund Metzger geschmäht: Dieser spreche mit seinen Vorwürfen gegen Scharping nur für sich selbst, nicht für die Grünen.

„Oswald Metzger hat die richtigen Fragen gestellt und den Finger auf die Wunde gelegt“, stellte Kuhn gestern klar. Im Übrigen spreche Metzger als haushaltspolitischer Sprecher natürlich für die grüne Bundestagsfraktion. An die Adresse von Metzgers Kritikern gerichtet riet Kuhn, „da etwas vorsichtiger“ zu sein. Am Wochenende hatten bereits die grüne Wehrexpertin Angelika Beer sowie die Finanzpolitikerin Christine Scheel erklärt, sie teilten Metzgers Kritik am Verteidigungsminister. Die grüne Fraktionsführung hingegen bemühte sich vergangene Woche noch, eine neue Debatte um einen möglichen Rücktritt Scharpings zu verhindern.

Der Streit in der Sache ist noch schwerer zu durchschauen als die aktuellen innergrünen Konfliktlinien. Metzger und die Opposition von Union und FDP werfen Scharping den Bruch des Haushaltsrechts vor, weil er bei der Bestellung des Militär-Airbusses A 400 M den Partnerländern Schadensersatzleistungen zugesagt habe, falls Deutschland weniger als 73 Exemplare bestelle. Der Haushaltsausschuss hatte jedoch zuvor nach wochenlangem Gezerre mit dem Verteidigungsministerium nur die Summe von 5,1 Milliarden Euro bereitgestellt, die zum Kauf von 40 Flugzeugen ausreicht. Über die Mittel für die restlichen 33 Exemplare müsste in der nächsten Legislaturperiode neu entschieden werden, lautete der Beschluss, da die amtierenden Abgeordneten nicht ihre Nachfolger auf Zahlungen festlegen dürften.

Nun sehen sich die Scharping-Kritiker ausgetrickst – denn falls Deutschland zu einem Schadensersatz für die fehlenden 33 Flugzeuge verpflichtet sei, würde ihr Kauf unvermeidlich. Kompensationszusagen könne die Bundesregierung nur für die tatsächlich finanzierten 40 Maschinen machen. Das Verteidigungsministerium dagegen unterstellt Metzger bei seiner Kritik nur persönliche Rache – der Abgeordnete ist nicht wieder für den Bundestag nominiert.

Grünen-Chef Kuhn riet den Kontrahenten gestern zur Abrüstung. Strittig sei schließlich nur, wie der Kauf haushaltsrechtlich abgewickelt werden sollte. Da alle Fraktionen bis auf die PDS für den Erwerb von 73 Flugzeugen seien, bestehe an der Bestellung nach der Bundestagswahl kein Zweifel, gleich ob Rot-Grün, Rot-Schwarz oder Schwarz-Gelb regiere. PATRIK SCHWARZ

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