: Doch noch Zeit für Frieden?
Trotz Wowereits Machtwort sagt Sozialsenatorin Heide Knake-Werner ihre Teilnahme an Demonstrationen beim Bush-Besuch nicht definitiv ab. Die PDS-Politikerin fühlt sich ausmanövriert
von ROBIN ALEXANDER
Noch immer ist die Teilnahme der PDS-Senatoren an Demonstrationen zum Besuch des amerikanischen Präsidenten am 22. und 23. Mai unklar. Dabei glaubte Klaus Wowereit eigentlich, ein Machtwort gesprochen zu haben: Auf der Senatspressekonferenz am Dienstag erklärte der Regierende: „Ich habe die Zusicherung des Senats, dass niemand an den Demonstrationen teilnehmen wird.“ Davon kann jedoch keine Rede sein. Die Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner hält sich eine Teilnahe an Demonstrationen noch offen. Am Donnerstag sagte ihre Sprecherin zur taz: „Es sieht heute so aus, als würde die Terminlage eine Teilnahme nicht hergeben. Die Terminlage kann sich aber immer ändern.“ Ein explizites Ja oder Nein verweigerte die Sprecherin auch auf Nachfrage.
Der Hintergrund: Die Senatorin fühlt sich von Wowereit ausmanövriert. Von einer festen Zusicherung, nicht teilzunehmen, könne keine Rede sein. Intern wird der Vorgang in der PDS so kommuniziert: Wowereit habe im Senat lediglich gefragt: „Geht jemand hin?“, und in eine schweigende Senatsrunde geblickt. Von Wowereits Erklärung vor der Presse, es gäbe feste Zusagen, seien die PDS-Regierungsmitglieder überrascht gewesen. Dieser Version widersprach Regierungssprecher Michael Donnermeyer (SPD) gestern: In der Senatssitzung sei sehr wohl eine „feste Vereinbarung“ getroffen worden „und die PDS-Senatoren wussten, dass Wowereit diese auf der Pressekonfernez mitteilen wird“. Wowereit betrachtet das Thema als abgeschlossen. Donnermeyer: „Es bleibt dabei: Sie nehmen nicht teil.“
Ihren Erfolg bei den jüngsten Wahlen zum Abgeordnetenhaus verdankt die PDS nicht unwesentlich einer Wahlkampagne, in der sich die SED-Nachfolger als „Friedenspartei“ darstellten und explizit den von den USA angeführten internationalen Militäreinsatz in Afghanistan angriffen. An den Demonstrationen gegen Präsident Bush nehmen nun zwar der Berliner Parteivorsitzende Stefan Liebich und Bundespolitiker teil, jedoch niemand, der in Regierungsverantwortung sitzt. Anders als Knake-Werner, die bis Dienstag erklärte „auf jeden Fall“ an Demonstrationen teilzunehmen und auf ihre „friedenspolitische Biografie“ verwies, hatten sich die PDS-Senatoren Gregor Gysi (Wirtschaft) und Thomas Flierl (Kultur) schon vor Tagen auf die Sprachregelung „Terminnot“ zurückgezogen. Gysis Sprecher nannte konkret „Gespräche mit Vorständen in Gysis Amtszimmer und ein Firmenbesuch“ als unaufschiebbare Verabredungen am 21. und 22. Mai, den Tagen der geplanten Kundgebungen. Am 23. Mai, Bushs zweitem Besuchstag, weile Gysi auf einer Frauengleichstellungskonferenz in Bremen.
Senator Flierl ist krank und nahm an der fraglichen Senatssitzung nicht teil. Für ihn erklärte sein Sprecher, Flierl, der 1999 wegen der Ablehnung des Kosovo-Einsatzes zurück in die PDS fand, sei sich „seiner Biografie ebenso bewusst wie der Verantwortung einer Regierungsbeteiligung“. Im Übrigen habe Flierl andere Termine.
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