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Der Tag, an dem die Tür aufging

Ausgebrannte Läden, Autowracks und Einschusslöcher zeugen von den Kämpfen in Bethlehem. „Bis heute Abend ist alles wieder sauber“, sagt ein Soldat

aus Bethlehem SUSANNE KNAUL

Auf dem Dach des Rathauses findet ein Medienhappening statt. Jeder neue Reporter wird von einem freundlichen Armeesprecher in Uniform zu dem Ort geführt, von dem man den besten Blick auf die Geburtskirche hat. Dutzende von Kameras sind dort postiert.

Dabei ist die große Schau längst vorbei. Gestern früh um halb acht öffneten sich die Tore für die Menschen, die seit 38 Tagen in der Kirche ausharren. Nur zehn Friedensaktivisten aus Amerika und Europa weigerten sich über Stunden, die Kirche zu verlassen – offenbar aus Angst vor Verhaftung und Landesverweis. Eine Delegation des CIA nahm bereits die Arbeit auf und suchte das Gebäude nach eventuell versteckten Sprengsätzen ab.

Die 13 Palästinenser, die Israel als „schwere Terroristen“ einstuft, wurden nach peniblen Sicherheitskontrollen zum Flughafen Ben Gurion gebracht. Eine britische Militärmaschine transportierte sie zunächst nach Zypern (siehe unten). 26 weitere militante Aktivisten fuhren begleitet von Militärfahrzeugen in Bussen nach Gaza, wo bereits ein feierlicher Empfang für sie im Fußballstadion vorbereitet war.

Die restlichen mehr als 80 Menschen, die mehrheitlich den palästinensischen Sicherheitsdiensten angehören, sollten nach Personenüberprüfung freigelassen und in die Autonomiezone gebracht werden. Die Region um die Kirche blieb bis zum Nachmittag abgesperrt. In der Stadt herrschte tagsüber noch Ausgangssperre.

„Wir haben es hinter uns“, ruft eine junge Frau erleichtert von ihrem Fenster im ersten Stock, aus einem Gebäude unweit der Geburtskirche. „Aber wie geht es weiter? Jetzt wird es die Leute in Gaza treffen.“ Es sei „ganz furchtbar“ gewesen. Nicht so sehr die Versorgungslage, aber „wir sind seit 43 Tagen eingesperrt“. Jetzt warteten sie nur noch auf den Abzug der Soldaten.

Fast überall in der Innenstadt war die Armee gestern noch demonstrativ mit Panzern, Straßenbarrikaden und Stacheldrahtzäunen präsent. In den Nebenstraßen liegen zerstörte und verrostete Autowracks, teilweise mit Einschusslöchern.

Ein Palästinenser, der sich trotz Ausgangssperre auf die Straße wagt, spricht einen Soldaten an. Dessen Kommandanten sollten den Befehl geben, den Müll wegzuräumen, über dem bereits Schwärme von Fliegen summen. „Mach dir keine Sorgen“, sagt der Soldat freundlich. „bis heute Abend ist alles wieder sauber.“

Besonders schlimme Kämpfe fanden auf dem Platz des Gemüsemarktes statt. Mindestens zehn Autowracks, verbrannte Ladenfronten, verrostete Nähmaschinen, Wäsche und viele Einschusslöcher in den anliegenden Gebäuden zeugen von den Auseinandersetzungen. Eine Anwohnerin spricht von „mindestens 18 Toten“, die es hier bei den Kämpfen gegeben haben soll. Ein Passant schüttelt den Kopf und sagt: „So viele waren es wohl nicht.“

Issa Muhammad Masalma starb gleich zu Beginn der Militäroperation. Der 16-jährige saß zusammen mit seinem Bruder auf der Terrasse und trank Tee, als ihn die tödliche Kugel in den Rücken traf. „Er starb innerhalb weniger Sekunden“, berichtet sein Vater. „Morgen sind es genau 40 Tage seit seinem Tod.“

Das Haus der Familie liegt nur wenige Meter vom Marktplatz entfernt. Im Hof liegen Berge von Müll und Lumpen. Die Wand eines Nachbarhauses sieht aus, als wäre sie von der Hitze geschmolzen, wie ein Plastikbecher, in den man kochendes Wasser gegossen hat.

Issas Körper blieb zwei Tage im Haus. Erst dann konnte eine Ambulanz die Leiche ins Krankenhaus transportieren. „Er wurde über Fernsehen zum Märtyrer erklärt“, sagt sein Vater stolz. Auf die Frage, ob ihm das bereits finanziell vergolten worden sei, wie es israelischen Berichten zufolge üblich ist, lächelt er bitter: „Wir haben keine Milch im Haus und kaum Brot. Wovon redest du?“ Seit Monaten hätten weder er noch seine erwachsenen Söhne Arbeit. „Unsere Wohnung kostet 200 Dollar Miete. Wir sind lange im Rückstand.“

Vor der Tür versammeln sich die ersten Leute auf der Straße. Ob die Ausgangssperre schon vorbei ist? „Sie werden uns nichts mehr tun“, sagt eine junge Frau. Ein palästinensischer Bulldozer beginnt damit, den Müll wegzuräumen. Einige Frauen halten sich Tücher vor Mund und Nase, um den Gestank besser ertragen zu können.

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