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Über Karsli mag die FDP erst später sprechen

Die FDP lässt sich Zeit, um über Ausschluss ihres Neu-Mitglieds Karsli zu beraten. Grüne Parteichefin Roth zeigt Möllemann wegen Volksverhetzung an

BERLIN taz/dpa ■ Guido Westerwelle setzt auf Zeit: Erst am 3. Juni wird der nordrheinwestfälische FDP-Landesverband in einer Sondersitzung entscheiden, ob der Ex-Grüne Jamal Karsli in der Partei bleiben darf. Westerwelle gab sich in der ZDF-Sendung „Berlin Mitte“ gespielt gelassen und sagte, er wolle dem NRW-Landesvorstand nicht vorgreifen. Damit stellt sich der FDP-Chef trotz massiver Proteste aus der eigenen Partei nicht gegen Karsli-Mentor Jürgen Möllemann. Karsli hatte in der rechtsgerichteten Jungen Freiheit den übergroßenEinfluss der Zionisten beklagt.

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth greift unterdessen den FDP-Politiker Jürgen Möllemann juristisch an: Sie zeigte ihn wegen Volksverhetzung und Verleumdung an. Bei seinen jüngsten Äußerungen über den Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman, habe der FDP-Vize eine „rechtspopulistische Verkommenheit“ gezeigt. Deshalb werde sie Strafantrag stellen. Möllemann hatte Friedmans „intolerante, gehässige Art“ für den Zulauf auf Seiten der Antisemiten verantwortlich gemacht.

Jürgen Möllemann ließ gestern wissen, dass er einen Parteiausschluss Karslis gar nicht notwendig findet. „Wenn man sich drei Mal öffentlich entschuldigt, dann muss man auch einmal verzeihen können“, sagte der FDP-Landeschef. Ihm seien keine Sachverhalte bekannt, die einen Ausschluss begründen würden.

Weitere prominente FDPler haben dagegen Konsequenzen aus der Aufnahme Karslis gezogen. Bundesvorstandsmitglied Burkhard Hirsch will keinen Wahlkampf für die FDP machen, bis der Fall Karsli geklärt ist. Das erklärte der Exinnenminister in einem Brief.

Der FDP-Ehrenvorsitzende Otto Graf Lamsdorff kündigte gestern an, er werde persönlich zur Sondersitzung des FDP-Landesvorstandes fahren – um zu intervenieren. Auch Paul Spiegel, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, forderte die FDP erneut auf, sich von dem gebürtigen Syrer zu trennen.

Hildegard Hamm-Brücher ist der Ansicht, dass es der FDP nichts bringen werde, den Ausschluss Jamal Karslis zu verzögern. „Das Thema wird in der FDP weiterkochen“, sagte die ehemalige Ministerin und Grande Dame der FDP. Sie werde versuchen, bis zur Sondersitzung des NRW-Landesvorstandes deutlich zu machen, dass „ich es ernst meine“. Hamm-Brücher hatte die FDP vor die Wahl „Karsli oder ich“ gestellt. Werde Karsli nicht ausgeschlossen, verlasse sie die FDP. ANGELIKA HENSOLT

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