DER METALLABSCHLUSS IST NICHT SCHULD AN DER ARBEITSLOSIGKEIT: Ein Abklatsch alter Verteilungskämpfe
Die Metallindustrie hat mit 4 Prozent abgeschlossen. In den kommenden Tarifverhandlungen wird man sich daran orientieren – etwa im öffentlichen Dienst. Die altbekannten Stimmen beklagen jetzt wieder die hohen Tarifsteigerungen und verweisen auf die Arbeitslosen, denen man damit angeblich schadet. Aber das Problem ist nicht das Tarifritual – sondern die Tatsache, dass es keine neuen Verteilungsmechanismen gibt.
Die immer gleichen Argumentationskreise zeigen: Die Sozialpolitik ist lahm gelegt. Da heißt es, man müsse die Lohnnebenkosten senken, dann entstünden auch mehr Jobs. Die Lohnnebenkosten sind aber nichts anderes als Sozialversicherungsbeiträge, wer da kürzt, der muss auch Leistungen reduzieren. Vorschlag Nummer zwei: Wir müssen Lohnkostenzuschüsse an die Niedrigverdiener zahlen, dann entstehen viele neue Jobs. Lohnkostenzuschüsse finanzieren aber am Ende die Steuerzahler. Auch das ist unschön. Vorschlag Nummer drei ist bereits umgesetzt, die Unternehmenssteuern sind gesunken. Neue Jobs aber entstanden nicht. Die Globalisierungskritiker von Attac und die Gewerkschaften vertreten Forderung Nummer vier: Die Löhne müssten steigen, weil dann auch mehr Beiträge eingezahlt werden – und das sei gut für die Sozialversicherung. Doch auch gegen hohe Tarifabschlüsse gibt es gute Argumente.
Alte Positionen, aber keine neuen Verteilungsforen zugunsten der Jobsuchenden – das ist das Problem. Die bisherigen Gespräche über ein Bündnis für Arbeit haben den Erwerbslosen jedenfalls nichts genutzt. Es stimmt: Das gerade beendete Tarifritual in der Metallindustrie wirkte überholt, der Metallerstreik erschien nur noch wie ein Abklatsch früherer Arbeitskämpfe. Aber Fakt ist auch: Die Sozialpolitik insgesamt besteht derzeit nur noch aus Zitaten. Man kann nicht die alten Rituale dafür verantwortlich machen, dass es keine neuen Foren für Verteilungsdebatten gibt – Foren, die verbindliche Absprachen im Interesse der Arbeitslosen treffen können. Solange solche Foren nicht existieren, werden wir uns weiterhin mit Ritualen begnügen müssen. BARBARA DRIBBUSCH
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