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Parteinahme als Frauen-Versuchung

Unglaubliche Geschichte: Herr mit viel Geld will Frauenpartei. Doch die findet erstmal keinen gemeinsamen Nenner

Frau stelle Sie sich vor: Es käme ein graumelierter Herr auf die Frauenwelt zu und sagte: „Ich habe etwas Geld, genug, um es in eine sinvolle Sache zu investieren – wie wäre es mit einer Partei, einer Partei, extra für Frauen?“ Dann würde frau denken: Ein Mann, eine Frauenpartei, wie soll das gehen? Was wäre das Anliegen, die gemeinsame Sache, für oder gegen die es zu kämpfen gäbe? Konkrete Ziele, die es anzusteuern und zu erreichen gäbe?

Es begann mit einer Anzeige im Hamburger Abendblatt: Gemeinschaft Aktive Demokraten ... Wir gründen eine Frauenpartei. Wollen Sie dabei sein, dann schreiben Sie uns. Name, Anschrift, Telefon. Wir melden uns bei Ihnen. Gemeinschaft Aktive Demokraten, Fontenay-Allee 2, 20354 Hamburg.

Zwei Monate später im Hotel Baseler Hof in der Esplanade: Immerhin 14 Frauen sind gekommen. Und da stellt sich heraus: Da will tatsächlich ein Mann eine Frauenpartei auf die Beine stellen. Seine Idee: Frauen sind praktischer und vernünftiger als Männer, haben aber kaum eine politsche Stimme, und die sollen sie in dieser Gemeinschaft finden. Alles, was er sich von den Frauen erhofft, ist „ordentliche politische Arbeit, von der er nicht enttäuscht sein bräuchte“.

Herbert H. Bernhardt ist dieser Herr und kein unbeschriebenes Blatt in der Hamburger Politik. Als Finanzier hat der ehemalige Im- und Export-Unternehmer Anfang der 90er die Statt Partei gefördert, auch den Wahlkampf des jetzigen Innensenators und Vizebürgermeisters Ronald B. Schill hat er unterstützt.

Davon mal abgesehen, blieb auch offen, in welche Richtung die zukünftige politsche Arbeit der gemeinschaftlichen demokratischen Frauen gehen soll. Dazu die Anfrage einer Teilnehmerin: „Was müssten wir tun oder lassen, damit der Geldstrom nicht abreißt?“ Leider keine Antwort, denn ein gemeinsamer Nenner der zukünftigen Frauenarbeit ist ja noch gar nicht gefunden. Es gibt weder ein Konzept, noch ein gemeinsames Anliegen, der Sinn der Parteigründung ist somit völlig offen.

So bleibt auch das Ende der Geschichte: offen. Nichts wurde beschlossen. Genügend Mitglieder zur Gründung nicht gefunden. Was aber bleibt, ist der ältere Herr, mit Geld für eine Partei für Frauen. PEGGY WOLF

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