„Wir werden jetzt haftbar gemacht“

Lange kämpften die Berliner Liberalen gegen Rechtsausleger in den eigenen Reihen. Nun droht Möllemanns Alleingang auch die Hauptstadt-FDP ins falsche Licht zu rücken, befürchtet der Berliner FDP-Vize Markus Löning

taz: Herr Löning, fühlen Sie sich zur Zeit wohl in der FDP?

Markus Löning: Nur bedingt. Liest man in diesen Tagen Zeitung, gewinnt man den Eindruck, die FDP soll neu positioniert werden.

Nur ein Eindruck?

Ein fataler Eindruck, aber Gott sei Dank ein falscher. Vielleicht versucht Jürgen Möllemann die FDP neu zu positionieren. Aber damit wird er scheitern.

Was Möllemann will, kann ich nicht mittragen und nicht vertreten. Wie mir geht es der überwiegenden Mehrheit in der Berliner FDP. Viele empfinden es als Angriff auf ihre politische Integrität. Wir werden jetzt für Möllemanns Zweideutigkeiten angegriffen und haftbar gemacht. Das trifft Leute sehr persönlich, die sich jahrelang für Verständigung engagiert haben.

Was stört sie konkret an Möllemanns Äußerungen?

Seine Angriffe auf Michel Friedman und den Zentralrat der Juden waren in dieser Diktion inakzeptabel. Möllemann verwendet eine bewusst verallgemeinernde Form, die ich für antisemitisch halte. Das Perfide daran ist: Der Wortlaut als solcher ist schwer angreifbar, aber ein bestimmter Eindruck bleibt hängen. Dieser Eindruck ist es, was letztlich zählt.

Gerade die Berliner FDP hat ja einige Erfahrung mit Rechtsauslegern in den eigenen Reihen.

Es gab bei uns nie ein Problem mit Antisemitismus. Wir hatten in der Vergangenheit harte Auseinandersetzungen über die Vertriebenenfrage und über das Datum 8. Mai als Tag der Befreiung oder als Tag der Niederlage. Aber es wurde inhaltlich diskutiert.

Aber Herr Löning: Nur mit Müh und Not und Parteigerichten wurde verhindert, dass die Rechtsausleger ganze Bezirksverbände übernehmen.

Gerade deshalb ärgern sich viele Liberale in Berlin über Möllemann. Wir haben sieben Jahre lang gekämpft, um den Laden hier in Berlin auf Mittekurs zu halten. Und jetzt bekommen wir das Problem über einen stellvertretenden Bundesvorsitzenden wieder reingedrückt.

Warum nimmt die Berliner FDP dann nicht öffentlich deutlich Stellung gegen Möllemann?

Der Nahost-Antrag auf dem Bundesparteitag wurde von der Berliner FDP angestoßen.

Der kometenhafte Aufstieg der Berliner FDP im Jahre 2001 ist doch auch Möllemanns Projekt 18 geschuldet. Sind Sie nicht ein wenig undankbar?

Damals hat Möllemann zweifellos die richtige Idee gehabt. Inhaltlich muss das aber damit unterfüttert werden, dass wir die richtigen Fragen nach den notwendigen Reformen stellen und Antworten geben – auch in scharfer Form. Aber das Projekt 18 sollte nichts damit zu tun haben, an Ressentiments zu appellieren.

INTERVIEW: ROBIN ALEXANDER