FDP WILL ISRAELISCHEN VERMITTLER IM STREIT MIT DEM ZENTRALRAT: Die Spaßpartei macht Witze
Die FDP ist eine richtig hippe, lustige Partei geworden. Seitdem Westerwelle und Möllemann dort das Sagen haben, versteht sie sich darauf, mit originellen Ideen Probleme zu lösen, die nur in ihrer eigenen Propaganda existieren. Das leicht pubertär wirkende Selbstermächtigungsprojekt 18 fällt in diese Kategorie – jetzt versuchen die Witzbolde in der FDP den Nahostkonflikt mit einer kleinen Humoroffensive zu bereichern. Wie sonst sollen wir den Vorschlag deuten, ein Israeli möge den Zwist zwischen Jürgen W. Möllemann und dem Zentralrat der Juden in Deutschland schlichten? Das ist, bei wohlwollender Betrachtung, ein matter Scherz – realistisch gefasst, unverfroren.
Denn damit sagt Westerwelle, noch mal, Folgendes: Möllemann hat Israel kritisiert, Friedman will ihm das verbieten, das kann das tapfere Tabubrecherlein natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Deshalb soll ein Israeli Schiedsrichter spielen.
Dies zeigt, dass die Westerwelle-Möllemann-FDP, umnebelt von ihrer eigenen Propaganda, nicht mehr in der Lage ist, die blanken Tatsachen ins Auge zu fassen. Erstens: Das Verbot, die israelische Regierungspolitik zu kritisieren, existiert nicht. Selbst wenn Friedman sich dies wünscht – mit welchen magischen Kräften könnte er es wohl durchsetzen? Zweitens: Bei diesem Streit geht es um unzweideutig antisemitische Äußerungen von Jamal Karsli betreffs der Macht zionistischer Medien. Und um Möllemanns täglich wiederholte zweideutige antisemitische Anspielung, dass Friedman schuld am Antisemitismus sei. Das ist der Kern dieser Affäre – und nicht Möllemanns seit 25 Jahren bekannte propalästinensische Haltung.
Doch davon will die FDP-Führung nichts wissen. Westerwelles Idee geht gezielt an der Sache vorbei – und ist taktisch damit sogar vielleicht erfolgreich. Denn so lenkt die FDP vom eigentlichen Problem ab und wirkt irgendwie gesprächsbereit. Vor allem aber bremst Westerwelle so die innerparteiliche Eskalation. Denn nicht nur FDP-Honoratioren von Lambsdorff bis Hamm-Brücher rebellieren mittlerweile gegen den rechtspopulistischen Luftikus, sondern auch Teile der liberalen Machtmitte. Das ist gefährlich – für Westerwelle.
Westerwelles Gaga-Idee scheint das einzige konkrete Ergebnis seiner Nahostreise zu sein. Bislang sind westliche Politiker dorthin gefahren, um in dem gefährlichsten, kompliziertesten und hoffnungslosesten Krieg weltweit zu vermitteln. Guido Westerwelle ist dorthin gefahren, um seine auseinander driftende Funpartei zusammenzuhalten. Der Mann will übrigens Außenminister werden.
STEFAN REINECKE
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen