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Westerwelle fehlte

Mehrere hundert Demonstranten fordern vor der FDP-Zentrale Abwahl Möllemanns aus dem Parteivorstand

BERLIN taz ■ Mehrere hundert Demonstranten haben am Mittwochabend vor der FDP-Parteizentrale in Berlin-Mitte gegen antisemitische Tendenzen in der FDP protestiert. Redner unterschiedlicher Organisationen forderten die Parteiführung der Liberalen auf, den Landeschef von Nordrhein-Westfalen, Jürgen W. Möllemann, aus dem Parteivorstand zu entfernen. Auf der vor allem von nationalen und internationalen jüdischen Organisationen organisierten Kundgebung kritisierte ein Aufruf „den Versuch der FDP, mit antisemitischen Parolen Wahlpropaganda zu machen“.

Entgegen vorher geäußerten Erwartungen trat FDP-Parteichef und Kanzlerkandidat Guido Westerwelle nicht an das Mikrofon, um zu den Demonstranten zu sprechen. Dafür ließen sich von seiner Partei der frühere Außenminister Klaus Kinkel und die einstige Ausländerbeauftragte der Regierung Kohl, Cornelia Schmalz-Jacobsen, sehen. Von anderen Parteien waren etwa der ehemalige Regierende Bürgermeister von Berlin, Walter Momper, und andere Landespolitiker unter den Demonstranten.

Auf der Kundgebung wurde eine Unterschriftenaktion gestartet, in der Westerwelle aufgefordert wurde, die Abwahl Möllemanns aus dem FDP-Bundesvorstand zu betreiben. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Alexander Brenner, forderte eine „eindeutige, klare und nicht verklausulierte Distanzierung von Möllemann und seinen Schützlingen“. Die FDP-Ortsvorsitzende von Berlin-Dahlem, Susanne Thaler, erklärte für sich und ihre Familie den Austritt aus der Partei. Die Äußerungen Möllemanns „verletzen uns und machen uns Angst“.

Susanne Thaler kritisierte den Brief Möllemanns an den Präsidenten des Zentralrats der Juden, Paul Spiegel. In ihm habe er geschrieben, es sei ein Fehler gewesen, Spiegels Vize Michel Friedman für den Antisemitismus in Deutschland mitverantwortlich zu machen. Das aber reiche nicht: „Er hätte es nicht denken dürfen.“ Möllemann habe die Signale an die Antisemiten „nicht zufällig“ gemacht. Wer wie der Vizechef der FDP sage, Friedman sei mitverantwortlich für den Antisemitismus, und von „Semiten“ spreche, offenbare „tief verinnerlichten Nazi-Rassismus“.

PHILIPP GESSLER

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