: Noch mehr Opfer von Möllemann
Der SPD-Nahost-Experte Christoph Moosbauer tritt als Vizepräsident der Deutsch-Arabischen Gesellschaft zurück. Er wirft Jürgen Möllemann, dem Chef der Gesellschaft, dessen antisemitische Äußerungen und undemokratischen Führungsstil vor
von ANETT KELLER
Die antisemitischen Äußerungen von Jürgen Möllemann machen nicht nur der FDP zu schaffen. Auch in der Deutsch-Arabischen Gesellschaft (DAG), deren Vorsitzender Möllemann seit neun Jahren ist, gibt es jetzt die ersten Möllemann-Opfer. Christoph Moosbauer, Vizepräsident der Gesellschaft und Nahost-Experte der SPD-Bundestagsfraktion, wird heute sein Amt niederlegen. Er begründet die Entscheidung mit einem Mangel an demokratischer Willensbildung in der Deutsch-Arabischen Gesellschaft. „Möllemann kann dort einfach machen, was er will.“
Moosbauer, einer von vier Vizepräsidenten, hatte sein Amt bereits seit April ruhen lassen. Außerdem zeigten sich zwei weitere Vizepräsidenten darüber verärgert, dass Möllemann die DAG immer mehr zur eigenen Spielwiese mache. Die beiden Bundestagsabgeordneten Rudolf Kraus (CSU) und Joachim Hörster (CDU) könnten, wenn Möllemann nicht zurückrudert, die Nächsten sein, die aus dem Präsidium ausscheiden. Kraus und Hörster wollen sich vor einer Entscheidung mit der Vereinsspitze treffen. Hörster kritisierte gegenüber der taz nicht die sachliche Arbeit der Gesellschaft, sondern „die Tendenzen in der Verlautbarungspolitik von Möllemann, für die ich meinen Namen nicht hergeben möchte“.
Bereits im Oktober letzten Jahres hatten sich Moosbauer, Kraus und Hörster gegen Möllemanns „Staatsterrorismus“-Äußerungen gewandt. Später geriet auch Harald Bock, der Generalsekretär der Gesellschaft, in die Kritik, weil er Presseerklärungen herausgab, die angeblich nicht die Mehrheitsmeinung der DAG widergespiegelt haben. Antisemitische Äußerungen im Internetforum der Gesellschaft sorgten für zusätzlichen Zündstoff.
Zögen sich die Parlamentarier nun alle aus dem Präsidium zurück, sei davon auszugehen, dass keine Nachfolger für das Präsidium vorgeschlagen würden, so Moosbauer. Damit würde die Gesellschaft, die ohnehin im Ruf steht, ein Lobbyistenverein für wirtschaftliche Interessen zu sein, ihre parlamentarische Anbindung verlieren. Inzwischen denken auch Vereinsmitglieder wie Christoph Zöpel (SPD), Staatsminister im Auswärtigen Amt, und Hans-Jürgen Wischnewski (SPD), Staatsminister a. D., über ihren Austritt nach. „Was die jetzige Führung dort tut, ist undemokratisch“, sagte Wischnewski der taz. Er habe sich sein Leben lang mit deutsch-arabischen Beziehungen beschäftigt und sei Mitglied in zahlreichen binationalen Vereinigungen. „Ich brauche die Deutsch-Arabische Gesellschaft nicht.“ Konkret könnte das heißen, dass Wischnewski seine Kontakte in der arabischen Welt künftig ausschließlich binationalen Gesellschaften zugute kommen lässt. Dass der Streit gerade jetzt eskaliert, wo sich alles um Möllemanns antisemitische Ausfälle dreht, wirft die Frage auf, warum die Vizepräsidenten einen Demokratiemangel in der Deutsch-Arabischen Gesellschaft nicht schon früher bemerkt haben. Moosbauer wird von Generalsekretär Bock vorgeworfen, er sei dort nie aktiv in Erscheinung getreten. „Man kann mir den Vorwurf machen, dass ich mich nicht den halben Tag um die DAG gekümmert habe“, antwortet Moosbauer. Die Sitzungen hätten aber immer an Terminen stattgefunden, die den Bundestagsabgeordneten eine Teilnahme unmöglich gemacht hätten. „Ein Schelm, wer Böses dabei denkt“, so Moosbauer. „Das war keine aktive Mitarbeit“, gibt auch Kraus zu. Die Problematik der Sitzungszeitpläne bestätigt er. Im Falle eines Weiterwirkens in der Gesellschaft, gibt Kraus zu, müsse er sich um dieses Amt intensiver kümmern, „sonst hat man ja keine Ahnung, was da eigentlich läuft“.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen