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Rassismus im Visier

Europäisches Parlament stimmt für EU-weite Strafbarkeit rassistischer Taten. Doch der Rat wird wohl nicht mitziehen

BRÜSSEL taz ■ Hitlers „Mein Kampf“ ist in Deutschland verboten. In Dänemark nicht. Deshalb ist es für deutsche Neonazis ziemlich leicht, an diese und andere antisemitische Schriften heranzukommen. Die EU-Kommission und das Europäische Parlament wollen dem ein Ende setzen. Das Parlament stimmte heute mit großer Mehrheit für eine Vorlage, nach der rassistische und fremdenfeindliche Taten künftig EU-weit strafbar sein sollen. Dazu zählen die öffentliche Aufhetzung zu Gewalt und Fremdenhass, die Teilnahme an Aktivitäten einer Gruppe mit rassistischem Gedankengut und das Verbreiten rassistischer Schriften, Filme oder anderer Materialien.

Neu für Deutschland ist, dass auch die bloße Unterstützung einer rechtsextremen Gruppe bestraft werden könnte. „Wenn das bei uns schon jetzt so wäre, wäre der Rostocker Prozess vielleicht anders ausgegangen“, meint der deutsche Europaabgeordnete Ozan Ceyhun, der den Kommissionsvorschlag für das Europäische Parlament bearbeitet hat.

Doch es ist unwahrscheinlich, dass der Europäische Rat den Parlamentsbeschluss akzeptiert. Die Regierungen von Großbritannien, den Niederlanden und den skandinavischen Ländern werden sich vermutlich dagegen sperren. Für diese Länder bedeuten die geforderten Strafmaßnahmen einen Angriff auf die Meinungsfreiheit – anders als in Deutschland, wo der Aufruf zu Fremdenhass schon heute strafbar ist.

Die schwedische Europaparlamentarierin Charlotte Cederschiöld, die gegen den Entwurf gestimmt hat, erklärt dazu: „Unsere Juristen vertreten die Meinung, dass wir, um in Schweden solche Gesetze zu erlassen, unsere Verfassung ändern müssten. Die EU-Mitgliedschaft würde also zur Einschränkung einer unserer wichtigsten Freiheiten führen. Das werden unsere Bürger nur schwerlich schlucken.“

Stimmt auch nur ein einziges Land gegen den Entwurf, so ist das Papier vom Tisch. Zudem wird die Diskussion im Rat unter der Ägide der neuen dänischen Regierung weiterlaufen, die den Vorsitz am 1. Juli übernommen hat und der die rechtspopulistische Dänische Volkspartei angehört. Die dänische EU-Delegation will die Sache derzeit noch nicht kommentieren. Als wahrscheinlichste Lösung gilt aber ein Kompromiss – der, wie Cederschiöld es formuliert, „verhindert, dass wir unser Grundgesetz ändern müssen, und trotzdem ein klares Zeichen gegen Rassismus setzt.“ Mehr aber auch nicht. BARBARA SCHÄDER

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