Durchsuchung bei Augsburger Allgemeinen: „Ich hoffe auf eine Entschuldigung“
Die „Augsburger Allgemeine“ musste die Daten eines Online-Nutzers herausrücken. Ordnungsreferent Volker Ullrich erklärt, warum er das veranlasst hat.
taz.de: Herr Ullrich, wurden Sie im Internet nicht schon einmal schlimmer beleidigt als der Vorwurf der „Rechtsbeugung?“
Volker Ullrich: Ich wurde schon oft beleidigt, auch unter der Gürtellinie. Das muss man als Politiker und Ordnungsreferent aber aushalten. Mich hat aber der Vorwurf der Rechtsbeugung gestört, weil es um meine Integrität in der Funktion als Ordnungsreferent, Beamter und Amtsträger ging. Die Rechtsbeugung ist ein Verbrechen, Mindeststrafe ein Jahr, das muss man sich nicht nachsagen lassen.
Es gibt eine gewisse Grenze zwischen Meinungsfreiheit und anonymen Verleumdungen.
Was genau stand in dem Kommentar außer der Vorwurf der „Rechtsbeugung“?
„Dieser Ullrich verbietet sogar erwachsenen Männern sein Feierabend-Bier ab 20.00 Uhr, indem er geltendes Recht beugt und Betreiber massiv bedroht.“
Spielt das auf Ihr verfolgtes Ziel des Verbots der Straßenprostitution in Augsburg an?
Der CSU-Politiker ist Ordnungsreferent bei der Stadt Augsburg. Er sorgte dafür, dass die Augsburger Allgemeine mit einem Durchsuchungsbefehl die Daten von einem Nutzer herausgeben musste. Dieser hatte Ullrich auf der Onlineseite der Zeitung in einem Kommentar kritisiert.
Das spielt auch auf die Tankstellensache an. Ich habe den politischen Vorschlag gemacht, dass man nachts an Tankstellen keinen Alkohol mehr verkaufen sollte.
War es von Ihnen juristisch maßvoll, dafür zu sorgen, dass die Augsburger Allgemeine die Daten des Verfassers des Kommentars rausgeben musste?
Über die juristische Dimension des Falls lässt sich natürlich streiten. Auch darüber, ob ich das nicht auch gelassener hätte ertragen sollen. Juristisch gesehen besteht möglicherweise eine Verpflichtung der Augsburger Allgemeine die Daten herauszugeben. Mir ging es bei der Sache darum, dass ich in Erfahrung bringen wollte, wer das behauptet. Das Amtsgericht Augsburg hat einen Beschluss gefasst und aufgrund dessen hat die Augsburger Allgemeine die Daten herausgegeben.
Aber sorgten nicht Sie dafür, dass das Amtsgericht einen Durchsuchungsbefehl ausstellt?
Nein. Mein Anwalt hat sich an die Augsburger Allgemeine gewandt und gesagt, dass wir gerne die Nutzerdaten hätten, weil es verleumderisch sei, den Ordnungsreferenten der Rechtsbeugung zu bezichtigen. Wir haben lediglich Strafanzeige gestellt. Ich selbst habe es aus der Augsburger Allgemeinen erfahren, dass einem Polizeibeamten nach Beschluss des Amtsgerichts die Nutzerdaten ausgehändigt wurden.
Aber haben Sie nicht schon zweimal vorher versucht, an die Daten zu kommen?
Nein. Einmal vorher ging es auch um eine Sache unter der Gürtellinie und die Augsburger Allgemeine sagte, sie lösche es. So war das dann auch in Ordnung.
Sie sagten, dass Sie den Verfasser des Kommentars nicht anzeigen wollen, wenn er sich entschuldigt. Was ist, wenn er sich nicht bei Ihnen entschuldigt?
Ich hoffe auf diese Entschuldigung. Wenn er sich nicht entschuldigt will ich das letzten Endes nicht an die große Glocke hängen. Mir ist die Debatte, wie respektvoll man im politischen Diskurs miteinander umgeht, auch und gerade in anonymen Foren, viel wichtiger als diese eine persönliche Entschuldigung.
Steht Ihnen dieser Fall im Wege, dieses Jahr für die CSU für den Bundestag zu kandidieren?
Nein. Natürlich habe ich im Internet starke Kritik einstecken müssen. Das gehört dazu und diese Kritik nehme ich ernst. Aber Sie dürfen auch nicht vergessen, dass ich zahlreiche positive Rückmeldungen und Zusprüche mit dem Tenor bekomme, dass es gut sei, wenn endlich mal jemand die Debatte angestoßen hat, ob man sich anonyme Anschuldigungen im Netz immer bis zur letzten Konsequenz gefallen lassen muss.
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