Kriminelle Energie im Visier

Der Chef des Untersuchungsausschusses zur Bankaffäre, Klaus-Uwe Benneter (SPD), beobachtet die Hauptversammlung der Bankgesellschaft aus der Ferne. Den Verantwortlichen rückt er auf die Pelle

von RICHARD ROTHER

Klaus-Uwe Benneter macht Pause. Die Woche der Bankgesellschaft – am Freitag lädt der skandalgeschüttelte Finanzkonzern zur Jahreshauptversammlung – verbringt der Chef des Banken-Untersuchungsausschusses mit der Familie bei Freunden im Ausland. „Ich lasse mir berichten“, sagt der SPD-Mann. Das Handy bleibt derweil aus – Sommerfrische will genossen sein.

Die Pause hat sich der 55-jährige Jurist, der als Parteilinker gilt, verdient. Bis zu den parlamentarischen Sommerferien hat der Ausschuss des Abgeordnetenhauses, der Licht in den Bankenskandal bringen soll, einiges erreicht. Benneter: „Wir haben die kriminelle Kerntruppe eingegrenzt.“ Das Augenmerk richtet sich vor allem auf die Immobiliengesellschaft IBG, die zum Konglomerat der mehrheitlich landeseigenen Bankgesellschaft gehört. Die IGB war für die Auflage der Immobilienfonds zuständig, deren Verluste die Bank in Existenzschwiergikeiten gebracht hat. Das Abgeordnetenhaus sah sich in diesem Jahr sogar gezwungen, für diese Risiken eine Bürgschaft von bis zu 21,7 Milliarden Euro abzugeben. 300 Millionen Euro werden zunächst jährlich fällig.

Bei der Auflage der risikoreichen Immobilienfonds, die Anleger mit unüblichen Garantien warben, sei „kriminelle Energie“ im Spiel gewesen, sagt Benneter, der in den Ausschusssitzungen die Befragungen der Vorgeladenen dennoch ruhig und souverän leitet. Die Bankgesellschaft sei dabei ganz bewusst zu Lasten der Steuerzahler ausgeblutet worden. Denn Bank und Land Berlin leiden doppelt unter der Auflage dieser Fonds, mit denen die Bankgesellschaft zum Marktführer im Immobilienfondsbereich aufsteigen wollte: Einerseits vergab die Landesbank Berlin, eine öffentlich-rechtliche Tochter der Bankgesellschaft, an die IBG Kredite zur Finanzierung der Fondsimmobilien, andererseits haftet die Bankgesellschaft und damit letztlich das Land für die den Fondsanlegern gegebenen Garantien.

Den Anlegern konnte so herzlich egal sein, ob die Immobilienobjekte, die der Fonds in ihrem Auftrag erwarb, tatsächlich werthaltig waren oder nicht; das Risiko trug die Bank, die Anleger profitierten von den steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten. Finanzierbar war das Ganze teilweise nur durch eine Art Schneeballsystem: Da die angekauften Immobilien Verluste einfuhren, musste immer mehr frisches Anlegergeld durch immer neue Fonds hereingeholt werden.

Darüber hinaus wurden Immobilien für Fonds ausgewählt, ohne dass etwa die entsprechenden Miethäuser genauer untersucht wurden. Möglicherweise wurden gar bewusst, eben mit krimineller Energie, mehr oder weniger wertlose Immobilien in die Fonds verschoben. Benneter: „Wir müssen uns genau angucken, wer die Immobilien für die Fonds ausgesucht hat und wie das System funktioniert hat.“ Immerhin ermittle inzwischen die Staatsanwaltschaft gegen die Beteiligten. Dass erst der einbrechende Immobilienmarkt in Berlin und Ostdeutschland zu dem bekannten Desaster geführt habe – diesen Einwand lässt Benneter nicht gelten: Als die Fonds aufgelegt wurden, hätte jedem klar sein müssen, dass die optimistischen Prognosen der frühen Neunzigerjahre nicht zu halten gewesen seien.

Für Benneter sind die strafrechtlichen Ermittlungen gegen Spitzenmanager der Bank, die die Durchsetzung zivilrechtlicher Schadenersatzansprüche erleichtern könnten, auch ein Erfolg der Arbeit des Untersuchungsauschusses. Immer wieder habe dieser das Thema an die Öffentlichkeit gebracht und durch gezielte Zeugenbefragung der Staatsanwaltschaft Anhaltspunkte geliefert. Allerdings kann der Parlamentsausschuss nicht die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden machen oder Schadenersatzforderungen erheben. Benneter: „Wir können nur Zuarbeit leisten.“

Zwar hat der Untersuchungsausschuss seine Arbeit noch lange nicht beendet, im Herbst könnte jedoch Zwischenbilanz gezogen werden. Benneter weist ausdrücklich auf die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen hin, die zu dem Skandal geführt hatten. Erst die politisch gewollte Möglichkeit, Immobilienprojekte durch steuerliche Abschreibungen zu begünstigen, habe eine Schar von Glücksrittern auf den Plan gerufen. Zudem habe sich gezeigt, dass Aufsichtsräte und Wirtschaftsprüfer versagt hätten. Hier müssten die rechtlichen Rahmenbedingungen verbessert werden.

Aber der SPD-Mann kritisiert auch den „Ausfluss der großen Koalition“ in Berlin: „Wir dürfen nie wieder zulassen, dass sich ein Mann wie Landowsky wie eine Spinne an zentraler Stelle ins Netz setzen kann.“