: Proteste gegen Vetters Wirtschaft
Proteste gegen die Hauptversammlung der Bankgesellschaft. Im ICC ergreifen Kleinaktionäre und Politiker das Wort, draußen demonstrieren Mitglieder der Initiative Bankenskandal. Bankenchef Hans-Jörg Vetter verspricht Neuorientierung
von RICHARD ROTHER
Lange, lange mussten sie warten. Erst als draußen vor dem ICC rund 300 Menschen gegen die Bankenpolitik demonstrierten, konnten Bankkritiker wie Hans-Peter Schwintowski und Barbara Oesterheld gestern Nachmittag im ICC das Wort ergreifen.
Das aber dann mit Schmackes. „Geld verschwindet nicht, Geld geht immer nur von einer Tasche in die andere“, sagte die Grünen-Politikerin Oesterheld auf der gestrigen Hauptversammlung der Bankgesellschaft. Im Fall der Bank litten darunter sowohl die Aktionäre als auch die Berliner und Berlinerinnen. Und der HU-Rechtsprofessor Hans-Peter Schwintowski forderte das Bankmanagement auf, die Lasten, die durch die Risikoabschirmung auf die Stadt hinzukommen, drastisch zu verringern.
Zuvor mussten sich Vorstand und Aufsichtsrat des mehrheitlich landeseigenen Bankkonzerns deutliche Kritik gefallen lassen – zum Teil sogar handfeste. Am Morgen hatten mehrere Aktivisten versucht, das Podium zu stürmen, warfen T-Shirts – ihr „letztes Hemd“ – in Richtung Bankmanager. Darüber hinaus wurde die Versammlung immer wieder durch Zwischenrufe empörter Aktionäre gestört.
Ein Vertreter der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) sprach sich gegen die Entlastung von Aufsichtsratsmitgliedern aus, die „mit der Kontrolle des Vorstands scheinbar komplett überfordert und mitverantwortlich für die desaströse Lage der Gesellschaft“ gewesen seien. Ein anderer Aktionär betonte, Berliner und Bankbeschäftigte hätten jetzt zu leiden, und fragte: „Aber zu welchen Opfern ist der Vorstand bereit?“
Bankchef Hans-Jörg Vetter hatte zuvor eine Neuausrichtung des zum Verkauf anstehenden Konzerns angekündigt: „Die Bankgesellschaft Berlin wird sich auf ihre regionalen Wurzeln besinnen und sich als starke und effizient strukturierte Bank für die Region ausrichten.“ Vetter forderte die Aktionäre auf, der Detailvereinbarung zwischen der Bank und dem Land Berlin zuzustimmen. Diese sieht die Übernahme von Immobilienfondsrisiken der Bank in den nächsten 30 Jahren von maximal 21,6 Milliarden Euro durch das Land vor. Ein Zustimmung galt als sicher, da Berlin 81 Prozent an der Bank hält.
Der HU-Professor Hans-Peter Schwintowski appellierte noch einmal ausdrücklich an den Bankvorstand, diese Riskoübernahme zu überdenken. Schließlich seien die umfassenden Garantien satzungs- und europarechtswidrig gewesen. Zudem seien auch die Verträge in den einzelnen Fonds rechtlich anfechtbar. Den Anlegern seien Fondsbedingungen angeboten worden, die fünf- bis sechmal besser als marktüblich waren. Schwintowski: „Der Golf ist nicht für 20.000 Euro, sondern für 4.000 verkauft worden.“ Zwar könne jeder Unternehmer seine Produkte nach Belieben am Markt verschenken. „Aber nicht, wenn der Steuerzahler dafür aufkommt.“ An dieser Stelle erntete Schwintowski bei den Aktionären, was Vorstandschef Vetter zumeist versagt blieb: Beifall.
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