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Hilflose geschröpft

Ein Internist, der für den ärztlichen Notdienst von Tammo Bialas gearbeitet hat, belastet diesen vor Gericht

Dreihundert bis vierhundert Mark müssten schon auf der Rechnung stehen. Darunter, wurde den MedizinerInnen des „privatärztlichen Notdienstes“ gesagt, lohne sich ein Einsatz nicht. Tammo Bialas habe darauf gedrängt, „die Möglichkeiten der Gebührenordnung für Ärzte auszuschöpfen“. Diesen Vorwurf erhob der Internist Klaus K. gestern als Zeuge vor Gericht – und belastete damit den Gründer des Notdienstes, der vor dem Landgericht angeklagt ist, Abrechnungsbetrug in über 8000 Fällen begangen zu haben.

Im Frühjahr 1996 hatte K. beim ärztlichen Notdienst angeheurt und an einem Treffen von rund 25 Beschäftigten in der Lokalität „Bobby Reich“ teilgenommen. Bei dieser Versammlung habe Bialas den MedizinerInnen ans Herz gelegt, auch kostspielige Behandlungen anzuwenden, die medizinisch nicht zwingend erforderlich sind. Wer ein tragbares EKG-Gerät besitze, sollte dies beispielsweise stets mitnehmen und zum Einsatz bringen. „In meiner 30-jährigen Berufstätigkeit“, so Klaus K., „habe ich noch nie ein EKG-Gerät im Notdienst gebraucht.“

Wegen dieser Geschäftspraktiken habe er Bialas Firma bereits nach zwei Monaten wieder verlassen. Insbesondere, weil die meisten PatientInnen bei seinem Eintreffen noch nicht gewusst hätten, dass sie die Rechnung privat bezahlen sollten. Ein Mitarbeiter von Bialas Telefondienst habe ihm auf seine Beschwerde hin erklärt, dass er dies laut Anweisung den PatientInnen bei ihrem Anruf nicht mitteilen dürfe.

Auch gegen Klaus K. ermittelt die Staatsanwaltschaft. Der bestreitet, falsche Rechnungen geschrieben zu haben. Allerdings wies er das Gericht darauf hin, dass „Sie, wenn Sie den Text der Gebührenordnung bei der Abrechnung wörtlich nehmen würden, sofort alle Hausärzte anklagen könnten“.Elke Spanner

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