: Eher Verfahren kippen als V-Leute nennen
Beckstein will Spitzel in der NPD geheim halten, auch wenn Karlsruhe auf einer öffentlichen Verhandlung besteht
BERLIN taz/afp ■ Die Aussichten auf einen Erfolg im NPD-Verbotsverfahren werden immer besser – für die rechtsradikale Partei. Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) ließ gestern erstmals erkennen, dass er und seine Kollegen aus Bund und Ländern den Verbotsantrag vor dem Bundesverfassungsgericht lieber scheitern lassen würden, als weitere Namen von V-Leuten zu veröffentlichen.
Die Innenminister hätten sich geeinigt, die V-Leute in der NPD auf jeden Fall geheim zu halten, sagte Beckstein. Selbst wenn die Karlsruher Richter darauf bestünden, werde man die Namen nicht nennen, falls sie damit auch der NPD und der Öffentlichkeit bekannt würden, sagte Beckstein im Deutschlandfunk und fügte hinzu: „Dann müsste das Gericht eben die weiteren Konsequenzen daraus ziehen.“
Das Verfassungsgericht hatte im Mai erklärt, für den Fortgang des Verbotsverfahrens sei es „erforderlich, dass die konkreten Umstände einer Zusammenarbeit staatlicher Stellen“ mit NPD-Mitgliedern „offen gelegt werden“. In ihrem Antwortschreiben, das gestern einging, teilten die Antragsteller Bundesregierung, -rat und -tag lediglich mit, dass nicht mehr als 15 Prozent der NPD-Funktionäre für den Verfassungsschutz gearbeitet hätten. „Weitergehende Auskünfte“ erteile man nur „unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen.“
Vorgeschlagen wurden Vernehmungen „unter Ausschluss der NPD und der Öffentlichkeit“. Ob sich das Gericht auf dieses Verfahren einlässt, ist mehr als fraglich. „Den Antragsgegner auszuschließen, kann ich mir nicht vorstellen“, warnte der Berliner Staatsrechtler Christian Pestalozza.
In der SPD beginnt man deshalb allmählich einzulenken. Im Gegensatz zu den Innenministern erklärte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, gestern, Karlsruhe werde „alles bekommen an Informationen, was es haben will“. Das Verfassungsgericht müsse dann „selber entscheiden, wie es geheimhaltungsbedürftige, sensible Sachverhalte behandelt“.
Karlsruhe räumte gestern erst einmal der NPD eine Frist bis zum 30. August ein, um sich selbst zur V-Mann-Problematik zu äußern. Über das weitere Vorgehen will das Gericht am 8. Oktober entscheiden – also nach der Wahl.
Als deren Sieger fühlt sich die rechtsextreme Partei schon jetzt. „Die NPD ist durch das ganze Verbotsverfahren sicherlich bekannter als zuvor“, tönt Parteichef Udo Voigt auf seiner Homepage. LUKAS WALLRAFF
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