abgesoffen: BUND & Co. gegen Hochwasser
Alle im selben Boot
Wenn der Borgfelder Bauer die Kühe schnell in den Stall bringen muss, weil die Weide sich ruckzuck in einen ansehnlichen See verwandelt hat und die Nachbarn im Neubaugebiet den Keller leer schöpfen müssen, hat die Wümme wahrscheinlich mal wieder Hochwasser.
So wie in den vergangenen Wochen, als Flutwellen die Wümme runtertosten und Weideflächen zwischen Ottersberg und Bremen unter Wasser setzten. WWF und BUND wollen solche Hochwasser in Zukunft vermeiden. Der Bremer BUND-Geschäftsführer Martin Rode forderte gestern: „Wir müssen mehr Überschwemmungsgebiete einrichten anstatt bestehende zu bebauen“ – Flächen also, auf denen Hochwasser stehen und später ablaufen kann.
Doch durch die Versiegelung des Bodens durch Asphalt und Beton nehme das Speichervermögen der Landschaft ab, bedauert der Naturschützer. Starker Regen verteile sich dann auf benachbarte Flächen.
Durch die Klimaerwärmung käme ohnehin mehr Wasser die Flüsse herunter. „Das Oder-Hochwasser von 1997 oder die überschwemmten Felder in Stade vor wenigen Wochen hatten dieselben Ursachen“, so Rode.
In der Wümmeniederung blieben Siedlungen bislang zwar weit gehend verschont, das Hochwasser überschwemmte aber große Weideflächen. Dem Vieh fehle das Futter, die Pflanzen verfaulten.
Wenn bisherige Überschwemmungsgebiete bebaut würden, müssten Bewohner in Zukunft nicht nur Kellerseen befürchten. „Durch die Versiegelung steigt die Hochwassergefahr für die gesamte Region“, warnt BUND-Mann Rode.
Die Umweltschützer wünschen sich deshalb eine konzertierte Aktion, bei der Kommunalbehörden, Umweltschützer, Landwirte und Wasserwirtschaft zusammenarbeiten. Wie genau das passieren soll, wissen die Umweltschützer allerdings selbst nicht. Wichtig sei allerdings, „dass wir uns nicht nur um einzelne Flecken kümmern“, betonte Gunnar Oertel vom WWF.
Für zusätzliche Überschwemmungsgebiete hat Hugo Wohlleben vom Wasserwirtschaftsamt kein Verständis: „Es gibt schon genug Hochwassergebiete. Ich kann mir nicht vorstellen, dass noch weitere Gebiete eingerichtet werden.“ Sein Vorschlag: Auf bedrohten Flächen solle nicht gebaut werden.
Auch der Pressesprecher der Bau-und Umweltbehörde, Holger Bruns, sieht kein akutes Problem: „Die vorhandenen Überschwemmungsgebiete in der Wümmeniederung reichen aus, Bauvorhaben gibt es dort ohnehin keine.“ Eine konzertierte Aktion sei nicht nötig: „Wir sprechen ohnehin monatlich mit dem BUND.“
Immerhin rennen die Umweltschützer inzwischen bei den Landwirten offene Türen ein: „Früher“, erzählt Rode, „galten wir immer als Bremser. Jetzt, wo ihre Felder überschwemmt sind, sitzen wir plötzlich selben Boot.“
Sebastian Kretz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen