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: Die katholische Kirche erpresst Schwule und Lesben

Eigentlich muss man doch froh sein: Die Deutsche Bischofskonferenz hat lediglich mitgeteilt, dass homosexuellen Männern und Frauen, die in ihren Einrichtungen (Krankenhäusern, Verwaltungen, Pflegediensten, Schulen) beschäftigt sind und sich verpartnern wollen, gekündigt wird, wenn man sie schon nicht hindern kann.

 Was für ein Fortschritt: Der Spruch eines hohen Gremiums einer Glaubensgemeinschaft führt lediglich zur Diskriminierung innerhalb der – wenn man so will – Sekte selbst. Was vielleicht tausende von Schwulen und Lesben weiter in Unterwürfigkeit, mindestens selbst beschämender Diskretion belässt, hätte früher, unter inquisitorischen Verhältnissen, womöglich den Tod bedeutet: Du darfst nicht homosexuell sein.

 Aber heutzutage verhindern – Gott sei Dank, möchte man sagen – Grundgesetz und eine weitgehend weltanschaulich plurale Gesellschaft eine lebensbedrohliche Verfolgung. Insofern muss gleichgültig bleiben, was der katholische Klerus von Homosexuellen hält, wie heuchlerisch er mit diesem Thema umgeht, wie verknöchert und leibfeindlich er sein Weltbild zimmert – und wie der gesamte vatikanische Apparat seine Legitimität deshalb mehr und mehr verliert.

 ,Ungeheuerlich aber bleibt der Beschluss, weil die katholische Kirche hierzulande mehr als nur priesterliche Jobs zu vergeben hat: Sie steht für eine Million Arbeitsplätze, weil der Staat sich aus weiten Teilen der Alten-, Kranken- und Kinderbetreuung herausgezogen hat. Insofern hat das Dekret Folgen, die weit über den (legitimen) katholischen Einflussbereich hinausgehen. Der Klerus glaubt sich durch das Betriebsverfassungsgesetz geschützt: Arbeitgeber mit weltanschaulicher Prägung können mit ihren Angestellten machen, was ihnen behagt – weil sie sich auf ihre Hoheit als Tendenzbetrieb berufen können.

 Es wäre jetzt am Gesetzgeber, dieses Gesetz zu ändern: Unter diesen Schutz können nicht mehr Betriebe oder Einrichtungen fallen, die mit der (theologischen oder politischen) Tendenz nichts zu tun haben. Lässt man dem Klerus seinen Beschluss durchgehen, würde der Gesetzgeber (der auch mit Hilfe des Verfassungsgerichts die Homoehe durchgesetzt hat) seine Definitionsmacht über ein plurales Zusammenleben aufgeben. Es wäre ein später Sieg christlich inspirierter Erpressung. JAN FEDDERSEN