: Solidarität nur mit Verzögerung
Gewerkschaften verschieben weitere Verhandlungen mit dem Senat über Soldiarpakt. Senat bezeichnet das als „business as usual“. CDU und FDP glauben hingegen an eine Konfliktvermeidung vor der Bundestagswahl
Die Verhandlungen über den so genannten Solidarpakt zwischen Senat und Gewerkschaften kommen nicht voran. Im Gegenteil: Die für den 11. September geplante dritte Verhandlungsrunde über eine Senkung von Personalkosten im öffentlichen Dienst wurde abgesagt. Als Ersatztermin ist nun der 30. September im Gespräch.
Der Sprecher der Finanzverwaltung, Claus Guggenberger, mochte gestern nicht darüber spekulieren, warum die Gewerkschaften den Termin verschoben haben. Eine komplette Verzögerung sah er aber nicht, weil die vereinbarten Arbeitsgruppen weiter tagen würden. Zwölf solcher AGs hatten Senat, Gewerkschaften und Beamtenbund Ende Mai vereinbart. „Business as usual“, stellte Guggenberger fest, auch kommende Woche soll es auf dieser Arbeitsebene weitere Treffen geben. Inwieweit die Verschiebung um 19 Tage den rechtzeitigen Abschluss eines Solidarpakt beeinflusst, mochte er nicht sagen. Bis Herbst müssten verwertbare Vereinbarungen über Einsparungen vorliegen, hieß es bislang aus dem Hause Sarrazin. Guggenberger konkretisierte jetzt: „Wenn im Herbst die Blätter zu fallen beginnen und keine umsetzbaren Ergebnisse vorliegen, wird es trübe in Berlin aussehen.“
Senatssprecher Michael Donnermeyer sagte, die Gewerkschaften hätten „aus reinen Termingründen und nicht wegen inhaltlicher Fragen die Verschiebung erbeten“. Dagegen hatte DGB-Landesvize Bernd Rissmann darauf verwiesen, dass nicht alle sieben Arbeitsgruppen ihre Zwischenberichte fristgemäß vorlegen können. Dazu gehöre zum Beispiel die Arbeitsgruppe „Zukunft der Bildung in Schulen und Kitas“ sowie die AG „Kostenreduzierung unterhalb tariflicher Regelungen“.
Der Senat will mit dem Solidarpakt bis 2006 insgesamt 500 Millionen Euro Personalkosten einsparen, davon 250 Millionen bereits im nächsten Jahr. Die Beschäftigen des öffentlichen Dienstes sollen dafür auch auf Bestandteile ihres Lohnes verzichten. Dies lehnen die Gewerkschaften kategorisch ab.
Die Opposition vermutet, dass die Terminverschiebung in Zusammenenhang mit der Bundestagswahl stehen könnte. Dem rot-roten Senat komme die Terminverschiebung sicher gelegen, so der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Uwe Goetze. Unmittelbar vor der Bundestagswahl am 22. September sollen offenbar keine schlechten Nachrichten produziert werden, um die Wähler nicht zu verprellen.
Auch die FDP vermutet, dass dem Senat der Solidarpakt vor der Bundestagswahl „zu heiß“ sei. Das „unprofessionelle Gezänk“ zeige, dass der Senat „weder den Mut noch die Kompetenz“ habe, für Berlin dringend notwendige Reformen zu beschließen, meint FDP-Fraktionsvize Alexander Ritzmann.
Das Chaos bei den Solidarpaktverhandlungen rühre daher, dass der Senat „keine klaren Vorgaben gemacht hat, wie strukturell gespart werden kann“, vermutet der Grünen-Fraktionssprecher Matthias Tang. „Stattdessen versandet die Verwaltungsreform, und die Koalition droht mit Folterinstrumenten.“ Dabei sei ein schnelles Ergebnis bei den Solidarpaktverhandlungen für die Haushaltssanierung wichtig. STA/ROT
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