Inpol-Fahndung bleibt ein teurer Reinfall

Das neue Fahndungssystem der Polizei funktioniert bisher auch abgespeckt nicht. Der Hauhaltsausschuss des Bundestages hat für den dritten Versuch trotzdem noch einmal Geld genehmigt. Kosten bisher knapp 59 Millionen Euro

BERLIN taz ■ Es sollte Europas modernstes Fahndungssystem werden. Herausgekommen ist ein Fehlschlag in Höhe von bisher knapp 59 Millionen Euro. Inpol-neu, das neue Computerfahndungssystem des Bundeskriminalamts (BKA), sollte das 1972 in Betrieb genommene „Informationssystem Polizei“ (Inpol) ersetzen, das unter Fachleuten als hoffnungslos veraltet gilt.

Seit mehr als 10 Jahren war an dem ehrgeizigen Projekt gewerkelt worden. Es sollte die Computersysteme der 16 Länderpolizeien, des Bundesgrenzschutzes, des Bundeskriminalamts und einige externe Dateien miteinander verbinden. Doch schon der erste Probelauf im April 2001 ging gründlich schief. Kurz nach dem Start musste der Testlauf abgebrochen werden, weil immer wieder Pannen auftraten. Planungsfehler, mangelnde Koordination und eine nicht ausgereifte Technik machten die hochfliegenden Pläne zunichte.

Trotzdem gab Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) der Pleite-EDV eine weitere Chance. Doch auch der zweite Versuch endete 2001 mit einem Crash. Zerknirscht musste BKA-Präsident Ulrich Kersten eingestehen, dass man die Komplexität des neuen Systems auf fachlicher und technischer Ebene unterschätzt habe. Aber Fehlschläge gibt kein Innenminister gerne zu. Offiziell wird das Projekt Inpol-neu daher weitergeführt.

Doch mit den ambitionierten Plänen, die bis an die Grenze des technisch derzeit Möglichen gegangen waren, hat es nur noch wenig zu tun. So sollte Inpol-neu ursprünglich nicht nur wie bisher für die polizeilichen Standardnutzungen wie die Abfrage und Aufnahme von Personalien und Autokennzeichen genutzt werden können. Zusätzlich sollte das System auch eigenständig zwischen bestimmten Tatmerkmalen und Täterprofilen Verbindungen herstellen und sich teilweise automatisch selbst programmieren können.

Doch gerade diese Kompliziertheit des sich „selbst optimierenden Systems“ gilt als die Quelle der vielfältigen Funktionsfehler. Es sei „nicht auszuschließen“, heißt es im Prüfbericht einer externen Unternehmensberatung, dass „das Projekt mit dem heutigen Entwicklungsansatz nicht erfolgreich abgeschlossen werden kann“. Der Bundesrechnungshof warf dem Bundesinnenministerium millionenschwere Verschwendung von Steuermitteln vor.

Nun werden also kleinere Brötchen gebacken. Auf der Basis des bereits bestehenden und bewährten Polas-Systems soll bis Ende 2003 eine operative Datenbank für Standardabfragen geschaffen werden. Als neuer Projektleiter für dieses Vorhaben wurde der Fachmann für Informations- und Kommunikationstechnik der Hamburger Polizei, Harald Lemke, eingekauft, der bereits das in Hamburg und Hessen verwendete „Polizeiliche Auskunftssystem“ (Polas) entwickelt hat. Rund 90 Prozent der alltäglichen polizeilichen Anforderungen sollen durch dieses System abgedeckt werden.

Aufgegeben hat man in Wiesbaden die Pläne vom Polizeicomputer, der „intelligente Verknüpfungen“ herstellen kann, jedoch noch nicht. Ab 2004 soll mit dem Aufbau einer so genannten dispositiven Datenbank begonnen werden, die den Spezialisten der einzelnen Landeskriminalämter und dem BKA für komplexe kriminalpolizeiliche Recherchen zur Verfügung stehen soll. Für dieses System, so machen sich BKA und Bundesinnenministerium selbst Mut, könnten die bereits entwickelten Systemkomponenten verwendet werden. „Die bisherigen Investitionen kommen damit dem neuen polizeilichen Informationssystem zugute, die Gesamtkosten werden eher geringer sein“, heißt es dazu in der Polizei, dem Zentralorgan der deutschen Polizeien.

Worauf sich diese Hoffnung gründet, bleibt indes unklar. Gleichwohl hat der Haushaltsausschuss des Bundestages die notwendigen Mittel freigegeben. Scheitert das Projekt erneut, sind dreistellige Millionenbeträge in den Sand gesetzt.

OTTO DIEDERICHS