: „Ein rein politisches Signal“
Ein Gespräch mit der Kabarettistin Lisa Politt über das Benefizkonzert „Sirenenalarm“, die tendenziöse Sparpolitik des Hamburger Senats, entpolitisierte Bühnenkunst, Feminismus, Sozialismus, Krieg und grüne Schönwetter-Politik
Interview: HELENE BUBROWSKI
Der Hamburger Senat hat im vergangenen Jahr die Zuschüsse für Frauen- und Mädchenprojekte um bis zu 50 Prozent gekürzt. Weitere Reduzierungen sind für das kommende Haushaltsjahr geplant. Die betroffenen Einrichtungen sind gezwungen, ihr Angebot einzuschränken; einige, etwa die Dollen Deerns, stehen vor der Schließung (taz berichtete). Um die zum „Frauenprojektetreffen“ zusammengeschlossenen Projekte finanziell und ideell zu unterstützen, veranstalten Hamburger Künstlerinnen, darunter Lilo Wanders, Quinta Feira, Bernardette La Hengst und Etta Scollo das Benefizkonzert „Sirenenalarm“. Die Kabarettistin Lisa Politt (Herrchens Frauchen) hat die künstlerische Leitung und die Moderation übernommen. taz hamburg sprach mit ihr über den Abend.
taz hamburg: Wie stehen Sie zu den Kürzungen bei den Frauenprojekten?
Lisa Politt: Ich finde die Kürzungen indiskutabel. Sie sind ein rein politisches Signal. Es geht dabei nicht um die Löcher im Haushalt, sondern darum, dass der Schwarz-Schill-Senat jetzt seine Wählerschaft befriedigen muss, und zwar mit einem Halali auf die ungeliebten Emanzen, die es sowieso schon lange mal verdient haben. Mit dem eingesparten Geld kann der Senat im besten Fall mal einen protzigen Empfang machen. Den Projekten allerdings bricht es das Genick.
Mit „Sirenenalarm“ sollen die betroffenen Einrichtungen finanziell unterstützt werden. Damit ist den Projekten allerdings nur kurzfristig geholfen.
Ja, deshalb versuchen wir mit der Aktion auch, das politische Interesse an dem Thema wach zu halten und den Widerstand gegen die Kürzungen am Laufen zu halten. Wir hoffen, dass unser Programm die Fantasie und Initiative der Leute, die heute Abend zusammenkommen, beflügelt und so Anstoß zu weiteren Aktionen gibt.
Was für ein Programm bekommen unterstützungswillige BesucherInnen in der Fabrik geboten?
Mit zehn Acts hat das Programm eine erfreuliche Bandbreite: Bands, Kabarettisten, eine Samba-Truppe, Comedy-Percussion, eine Kolumnistin. Obwohl alle Künstlerinnen gagenlos auftreten, war die Bereitschaft zur Teilnahme überwältigend. Heike Peper vom „Frauenprojektetreffen“ wird zum politischen Inhalt etwas sagen, damit auch der Informationsgehalt des Abends gewährleistet wird.
Fast alle Auftretenden sind weiblich. Können sich nur Frauen für die Rechte von Frauen engagieren?
Frauen haben natürlich ein spezielles Interesse daran und ihre Motivation ist folglich größer. Es gab beim „Frauenprojektetreffen“ aber eine Diskussion darüber, ob auch Männer auf die Bühne dürfen. Erfreulicherweise wurde die Entscheidung getroffen, dass es um so schöner ist, wenn auch solidarische Männer den Frauen das Geld verschaffen. Schließlich gibt es ja auch Männer im Publikum.
Welche Hoffnungen setzen Sie noch auf den Abend?
So eine Benefizveranstaltung ist eine gute Möglichkeit, die eigene Arbeit als sinnvoll zu erleben. Außerdem ist es gut, ab und zu eine gemeinsame Position mit den Kollegen formulieren zu können. Denn man kann nicht mehr davon ausgehen, dass Kabarett per se links oder mit irgendeinem Standpunkt vorbehaftet wäre. Die Bühnenkunst entpolitisiert sich parallel zur sich entpolitisierenden Gesellschaft. Es gibt allerdings keinen Grund, das politische Kabarett zu revolutionieren, denn die linke Analyse gesellschaftlicher Verhältnisse hat sich bestätigt.
Mit welchen politischen Entwicklungen setzen Sie sich momentan auseinander?
Der Krieg steht im Zentrum meines Programms „Rache“. Darin kommentiere ich das Verhalten der Grünen und der SPD und ihre ganze opportunistische Argumentation. Ich bin entsetzt über die veränderte Haltung der Grünen, für die ich früher auch Wahlkampf gemacht habe.
Aber kämpfen die Grünen mit ihren Wahlplakaten – „50 Prozent gehört den Männern“ – nicht immerhin noch für die Gleichberechtigung?
Mit diesen Plakaten lügen sie. Derzeit wird auch von den Grünen die Politik dem Primat des Militärs geopfert, und das heißt, die ganze Macht wird den Männern gegeben. Der soldatische Mann schützt und bestimmt – bis hin zur Pressezensur. Demokratie ist auch bei den Grünen nur noch Schönwetter-Politik. Feminismus und Sozialismus gehören zusammen und sind auch nur zusammen denkbar.
Freitag, 20 Uhr, Fabrik
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