„Nicht gerade ideal“

Schlussverkauf im Medienmarkt: Derzeit bestimmen die Banker und Insolvenzverwalter. Ein Gespräch mit dem Medienregulierer Hans Hege

Interview STEFFEN GRIMBERG

Beim heute beginnenden Berliner Medienforum heißt ein Programmpunkt: „Die Revolution der Übertragungswege – wo stehen wir in Deutschland“. Wo stehen wir denn?

Hans Hege: Wir stehen in einigen Bereichen sehr gut da, beim schnellen Internet über die Telefonleitung zum Beispiel. Leider bleibt das Kabel dagegen weit zurück, und auch UMTS, die neue Mobilfunkgeneration, lässt sich sehr schwierig an.

Beim Fernsehen über Antenne soll in Berlin im Sommer 2003 vom analogen auf das digitale Signal umgeschaltet werden. Die endgültige Abschaltung der analogen Übertragung ist bundesweit für 2010 geplant. Ist das realistisch?

Der Zeitplan ist machbar. Es hat ja keinen Sinn, Sachen hinauszuschieben. Mit dem digitalen terrestrischen Fernsehen DVB-T öffnen wir jetzt einen ganz neuen Bereich, auch wenn es sicher noch einige Zeit braucht, bis das praktisch angenommen wird.

Wie viele Berliner Haushalte sehen denn überhaupt noch terrestrisch fern, also über die klassische TV-Antenne?

Ausschließlich über Antenne sind das unter 150.000 Haushalte im gesamten Ballungsraum, in dem 2003 umgestellt wird. Dazu kommen noch mal rund 90.000 Zweitgeräte, deren Zahl ist aber schwer zu schätzen.

So wenige Haushalte in der Pilotregion, und alle anderen warten ab?

Natürlich werden sich andere Ballungsräume an Berlin orientieren. Wir haben schon früh die Rahmenbedingungen geschaffen und alle beteiligten Sender an einen Tisch gebracht. Anderswo wird es nicht so einfach sein, weil alle erst mal wissen wollen: Was passiert hier? Schließlich gehen alle Risiken ein, und auch die Berliner werden nicht nur begeistert sein. Wenn man dann umgestellt hat, heißt die Frage: Überzeugt es die Leute, und wie viele sind es. Davon hängt dann viel ab.

Welche Technik ist notwendig für DVB-T?

Den Fernseher und Ihre Antenne können Sie behalten. Sie brauchen dazu aber eine Set-Top-Box, von denen es inzwischen auch eine große Auswahl gibt. Der Preis für die einfache Version soll zur Einführung unter 200 Euro liegen, das hat die Industrie jetzt zugesichert. Und die Preise werden dann mit hoffentlich steigender Nachfrage weiter fallen. Für sozial schwache Fernsehteilnehmer gib es natürlich besondere Regelungen. Und wir setzen künftig auf den mobilen Bereich, kleine Geräte für den Empfang unterwegs. Das aktiviert dann wieder eine ganz andere Zielgruppe.

Nun ist ja der gesamte TV-Markt im Umbruch.

Noch nie ist so viel auf dem Markt gewesen: Bei Kirch stehen Free- und Pay-TV zum Verkauf, weite Teile des Kabelnetzes sind zu haben, Teile des Springer Verlags – das ist enorm, was sich da alles bewegt.

Beim Kabel bewegt sich derzeit doch gar nichts.

Man hätte den ganzen Verkaufsprozess anders organisieren müssen und nicht der Telekom überlassen dürfen. In den USA hat jede Kommune Einfluss darauf, was mit ihrem Kabelnetz geschieht. Bei uns suchen jetzt Banker wieder neue Investoren – aber wir haben in Deutschland kaum noch Unternehmen, die es machen können oder wollen.

Und nicht nur beim Kabelnetz sind es jetzt Interimsverwalter und Investmentbanker, die entscheiden.

Ich finde das nicht gerade ideal. Dass jetzt wichtige Positionen im Medienbereich von Zufälligkeiten abhängen, wer welchen Kredit bei welcher Bank hat – also, ein rationales System ist das nicht.

Versagt hier also auch die Medienpolitik?

Versagen ist vielleicht zu hart. Keinen der beiden letzten Bundeswirtschaftsminister hat das Thema Kommunikationsgesellschaft wirklich interessiert. Es wäre aber nicht schlecht, wenn man sich stärker um diese Dinge kümmert. Da ist ein gewisses Defizit.