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U 18, die neue Bahn zur Politik

Dass sich auch Kinder und Jugendliche für Politik und Wahlen interessieren, will das Netzwerk U 18 heute beweisen. In ganz Berlin geben heute die Erstwähler von morgen ihre Stimmzettel ab. Erste Hochrechnungen ab 18.30 Uhr

Auf blauem Hintergrund prangt das große weiße U. Doch nicht die BVG wirbt damit für ihre U-Bahn, sondern das Netzwerk U 18 für die Kinder- und Jugendwahl, die heute in allen Berliner Bezirken durchgeführt wird. Assoziationen mit der U-Bahn sind gewollt: „Die Kinder sollen stutzig werden und neugierig“, erklärt Marcus Lehmann, der schon 1999 die erste „Jugendwahl“ zur Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in Mitte betreute.

Damals wählten 462 Jugendliche, 2001 waren es bei der Jugendwahl zum Berliner Abgeordnetenhaus schon 5.500 Stimmen. Projektkoordinatorin Anja Baer rechnet diesmal schon mit 20.000 Kindern und Jugendliche an den Urnen. Die Wahllokale der einzelnen Bezirke sind auf der Homepage von U 18 aufgeführt, Öffnungszeiten können telefonisch erfragt werden. Wahlschluss ist, wie bei den Großen, um 18 Uhr. Dann wird im Haus der Jugend in Mitte ausgezählt. Fünf weitere deutsche Städte machen mit, ihre Jugendvoten werden mitgezählt. Auch erste Hochrechnungen wird es geben, ab 18.30 Uhr im Internet abrufbar.

Mit der Aktion sollen Kinder und Jugendliche ihre Partizipationsmöglichkeiten kennen lernen, begründet Lehmann die Aktion. Dahinter steckt auch der immer wieder diskutierte Wunsch nach einer Herabsetzung des Wahlalters. „Die Wahl ist der Versuch und gleichzeitig Beweis, dass sich selbst Jugendliche mit Politik beschäftigen wollen“, so der Pädagoge. „Wir wollen eine Art Plattform bilden, auf deren Grundlage das Thema diskutiert werden kann. Eine tatsächliche Forderung soll allerdings wenn, dann von den Jugendlichen selbst ausgehen“, betont Anja Baer.

Auch das Lichtenberger Kinder- und Jugendparlament (KJP) beschäftigte sich mit dem Thema. Kinder-Abgeordnete legten den verschiedenen Parteien elf Fragen vor, wovon eine die Wahlaltersgrenze betraf. Die SPD erklärte daraufhin, sie befürworte die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre auf kommunaler Ebene. So steht es auch im Koalitionsvertrag von SPD und PDS. Walter Momper (SPD), Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses und Schirmherr von U 18, scheint das eigene Regierungspapier nicht gründlich gelesen zu haben: „Ich finde, 18 ist ein gutes Alter, um erstmals zu wählen.“

Das Netzwerk U 18 bietet sowohl in den Wahllokalen als auch im World Wide Web die Parteiprogramme jugendgerecht aufbereitet an. Für weitere Fragen stehen heute die Wahlhelfer zur Verfügung. Das häufigste Argument gegen eine Herabsetzung des Wahlalters entkräftet Anja Baer gleich im Voraus: „Wir können zwar nicht ausschließen, dass die Jugendlichen von Eltern oder älteren Geschwistern in ihrer Wahl beeinflusst werden, aber im Wahllokal selbst vermeiden wir die Beeinflussung jeglicher Art.“ Das Angebot der Grünen, Räume für die U 18-Wahl zur Verfügung zu stellen, lehnten die Initiatoren daher ab.

JOHANNA TREBLIN

Infos unter: www.u18.org

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