: Schröder fordert Schadenersatz von Paris
Bundesregierung hilft Mobilcom mit Krediten von 400 Millionen Euro. EU will finanzielle Unterstützung prüfen
BERLIN taz ■ Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat dem halbstaatlichen französischen Unternehmen France Télécom gestern Schadenersatzansprüche in Milliardenhöhe angedroht. Die Forderung könnte mittelbar auch die Regierung in Paris betreffen, da der Staat mit 55 Prozent an France Télécom beteiligt ist.
Weil sich die französische Firma aus dem deutschen Unternehmen Mobilcom zurückgezogen hat, will die Bundesregierung ein Hilfspaket von 400 Millionen Euro schnüren, um die Firma mit 5.000 Beschäftigten vor dem Konkurs zu bewahren. Schröder gab sich unnachgiebig: France Télécom sei Verbindlichkeiten in Höhe von 18 Milliarden Euro gegenüber Mobilcom eingegangen. Das Unternehmen aus Schleswig-Holstein habe „ausgezeichnete Rechtsansprüche“, um vor Gericht Schadenersatz zu erstreiten. France Télécom habe zusammen mit Mobilcom für rund acht Milliarden Euro eine deutsche Lizenz für die neue UMTS-Handy-Technik ersteigert und in dem Zusammenhang Investitionen von rund zehn Milliarden Euro zugesagt, erklärte Wirtschaftsminister Werner Müller. Gestern telefonierte Schröder mit der Regierung in Paris. Von dort war keine Stellungnahme zu erhalten.
Das Hilfspaket war am Wochenende übers Knie gebrochen worden. Laut Müller ist Mobilcom ein „kerngesundes Unternehmen“, das zurzeit nur in Schwierigkeiten stecke, weil France Télécom seine Zahlungen eingestellt habe. Die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre sieht das anders: Mobilcom sei grundsätzlich marode.
Unter Dach und Fach waren die Hilfen gestern noch nicht. Die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau, die Kredite in Höhe von 320 Millionen Euro geben soll, verhandelte mit Mobilcom über die notwendigen Sicherheiten. Außerdem hatte die Bundesregierung vergessen, EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti zuvor zu fragen – der will die Sache noch prüfen.
Nachdem der Aktienkurs von Mobilcom am Freitag bei rund einem Euro gelegen hatte, sprang er wegen des Hilfspakets am Montag um über 200 Prozent auf rund drei Euro nach oben.
HANNES KOCH
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