: Die Länder haben das Wort
Gegen die Kultusminister kann der Bund seinen Willen gar nicht durchsetzen
BERLIN taz ■ SPD-Fraktionschef Franz Müntefering feierte die Bildungsbeschlüsse der Koalitionsrunde als „guten Tag“ für das Land. Das liegt nicht allein an der vermeintlichen Harmonie der rot-grünen Koalitionspartner. Müntefering wollte den Seinen guten Mut zusprechen, denn außerhalb von Rot-Grün sind die Themen – freundlich gesagt – umstritten.
Weder der gezielte Ausbau von 10.000 Schulen zu Ganztagseinrichtungen noch die „nationalen Bildungsstandards“ werden von den Ländern so akzeptiert, wie der Bund sie haben möchte. Die Unionsländer wollen sich nicht dreinreden lassen. Freundliche Briefe der alten und neuen Bildungsministerin des Bundes, Edelgard Bulmahn (SPD), ließen die Kultusminister bislang unbeantwortet.
Das hat nicht nur den prinzipiellen Grund, dass die Schulen die Zuständigkeit der Länder schlechthin sind. Obendrein verstehen die Bildungsminister der Union unter Bildungsstandards etwas anderes als die SPD. Und das Thema Ganztagsschule steht auf ihrer Tagesordnung keinesfalls ganz oben.
In Koalitionskreisen hofft man jetzt, wo der Wahlkampf vorbei ist, auf ein Einlenken der Länder. Für die neuen Ganztagsschulen liegt eine Verwaltungsvereinbarung unterschriftsreif vor. In Sachen Bildungsstandards setzt Bulmahn darauf, gemeinsam mit den Ländern ein pädagogisches Forschungsinstitut zu beauftragen.
Neben den Schulen will die Koalition in dieser Legislaturperiode auch Kinderkrippen verstärkt auf Ganztagesbetrieb umstellen. Grüne und SPD leiten ihr Ziel aus Erkenntnissen der frühkindlichen Bildungsforschung ab – und aus dem Pisa-Vergleich. Die Forscher interpretierten das schlechte Abschneiden der 15 Jahre alten Schüler auch als Nachwirkung des pädagogisch wie strukturell völlig unzureichenden Kindergartenangebots in Deutschland.
Bildung wird von der Koalition als Zukunftsaufgabe begriffen. Jedenfalls werden Müntefering sowie die Grünen-ParteichefInnen Fritz Kuhn und Claudia Roth nicht müde, das zu betonen. Dennoch trauen sich die Partner nicht, alles, was sie als wichtig empfinden, tatsächlich auch im Koalitionsvertrag zu fixieren. Zum Beispiel den verbindlichen Sprachtest im letzten Kindergartenjahr, dem bei Versagen ein obligatorischer Deutschkurs folgen soll. Auch dazu nämlich, so die zerknirschte Erkenntnis, kann man die Länder nicht zwingen. Ein guter Tag – für die Kulturhoheit der Länder. CHRISTIAN FÜLLER
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