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Alltag und Visionen

Die Bremer PDS hat die Flinte noch nicht ins Korn geworfen. Bei den Bürgerschaftswahlen will sie trotz Bundesschlappe ihr Glück versuchen. Die Grünen sind dem Landesvorsitzenden „zu unsicher“

Klaus-Rainer Rupp, Landesvorsitzender der PDS und Mitglied im Beirat Östliche Vorstadt, wird am 12. Oktober als Delegierter beim Parteitag in Gera mit dabei sein, wenn die Partei ihre Wunden leckt. Nicht nur im Osten, auch in der westlichen „Hochburg“ Bremen hat die PDS bei der Bundestagswahl verloren. Hatte sie bei der Bürgerschaftswahl 1999 noch 3,9 Prozent eingefahren, kam sie hier am 22. September nur noch auf 2,4 Prozent.

taz: Woran hat es gelegen, dass der PDS so viele WählerInnen davongelaufen sind?

Klaus-Rainer Rupp: Wir haben Stimmen an die SPD abgegeben – und an die NichtwählerInnen. Natürlich hat die Zuspitzung „Stoiber-oder-Schröder“ eine Rolle gespielt. Als die ersten Umfragen uns nur vier Prozent gegeben haben, wollten viele auf Nummer sicher gehen. Was die Nichtwähler angeht: Da fassen wir uns an die eigene Nase.

Es hat nicht nur die PDS im Westen verloren, es haben auch die Grünen im Osten zugelegt. Scheint so, als seien die Zeiten endgültig vorbei, in denen man mit den großen Alternativen Stimmen gewinnt.

Denken Sie doch an Attac, die haben enormen Zulauf. Und die wollen auch nicht nur Einbahnstraßen umwidmen, sondern die Globalisierung zurückdrängen. Es muss beides gelingen: Visionen entwickeln und als Partei sehr alltagsbezogen arbeiten.

Ist nicht das unglaublich gute Ergebnis der Grünen in Bremen ein Zeichen dafür, dass die Leute, die potentiell links von der SPD sind, auf Realpolitik stehen?

Offensichtlich. Es ist den Grünen gelungen, die Außenpolitik von Joschka Fischer als etwas zu verkaufen, was in der Welt zählt und Zukunft hat.

Was sind die Wahlkampfthemen der PDS in Bremen?

Ich werde auf dem Landesparteitag dafür werben, dass wir uns an den Bürgerschaftswahlen beteiligen. Ein ganz wichtiges Ziel ist aber auch, dass wir unsere Beiratsmandate verteidigen und neue hinzugewinnen. Thema der Landtagswahl wird bestimmt die Wirtschaftspolitik. Man muss die vorhandenen Potentiale nutzen – viel mehr als die große Koalition das getan hat. Auf jeden Fall werden wir gründlich auswerten: Wie viel Geld haben CDU und SPD in Projekte gesteckt, die Schwierigkeiten machen, wie viel wurde in die nutzlose Ausweitung von Gewerbegebieten gesteckt. Wie viel ist gezielt in lokale Kompetenzen geflossen?

Gibt es noch einen Grund, warum ein Bremer Politiker bei der PDS und nicht bei den Grünen arbeitet?

Ich mache das, weil die Grünen mir in großen und kleinen Fragen zu unsicher sind. Im Beirat haben sie lange gebraucht, um zu merken, dass ein Drive-In im Weserstadion keine gute Idee ist. Das ist für mich ein Zeichen, dass sie viel eher bereit sind, Positionen aufzugeben. Für die Privatisierung öffentlicher Bereiche gilt dasselbe: auch da denken wir umfassender und konsequenter. Fragen: hey

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