Scherf gegen die Viererbande

Während vier SPD-Ministerpräsidenten hurtig an der Steuerschraube drehen wollen, halten der Bremer Bürgermeister und sein Finanzsenator dagegen: „Steuererhöhungen haben schon wegen der Bundesrats-Mehrheit der Union keine Chance“

„Die Union kann nicht zwangsverpflichtet werden, SPD-Unsinn zu beschließen.“

Hartmut Perschau sagte eine halbe Stunde vor dem Termin im „Shopping-Entertainment-Großprojekt“ ab. Eigentlich sollte der CDU-Finanzsenator gestern Vormittag den Space Park besuchen, um sich über den aktuellen Stand der Bauarbeiten zu informieren und der hundertsten Mitarbeiterin einen Blumenstrauß zu überreichen. Doch dazu kam es nicht: „Ein nicht verschiebbarer, übergeordneter Paralleltermin“ sei dem Herrn Senator dazwischengekommen, raunte sein Referent Matthias Ordolff geheimnisvoll.

Hatte Perschau kalte Füße bekommen, weil die Finanzierung des Space Park doch noch nicht unter Dach und Fach ist? Hat die neue Mitarbeiterin bereits wieder gekündigt? Vielleicht hat Perschau auch seinem Chef Henning Scherf (SPD) gratuliert. Der hatte am Morgen auf NDR Info den jüngsten Steuererhöhungsplänen seiner vier Ministerpräsidenten-Genossen aus Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz eine Abfuhr erteilt. Sigmar Gabriel, Heide Simonis, Wolfgang Clement und Kurt Beck hatten zuvor dafür plädiert, die vom Bundesverfassungsgericht 1995 für verfassungswidrig erklärte Vermögenssteuer wieder einzuführen und die Erbschaftssteuer zu erhöhen.

„Das sind alles Freunde von mir, aber es ist jedenfalls nicht die intelligenteste Initiative“, schrieb Scherf der Sozen-Viererbande ins Stammbuch – und griff, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, sogar zum Stilmittel der Anapher – ergo der Wiederholung: „Nein, nein, nein, das müssen die ohne uns machen“. Die Konjunktur dürfe nicht durch Steuererhöhungen weiter belastet werden, mahnte Scherf. Klar benötige Bremen Geld, doch wichtiger noch seien Arbeitsplätze: „Über die Beschäftigung der Leute kommt das Geld herein, nicht über das Abschöpfen der Leute.“ Die „unabgesprochene Initiative“ sei nur „ein Versuch, auf die schwierige Haushaltslage der Länder hinzuweisen“. Im Bundesrat habe der Vorschlag sowieso keine Chance, da Rot-Grün dort keine Mehrheit habe, merkte Scherf mokant an.

In der Tat dementierten gestern die CDU-geführten Regierungen von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen einen Bericht der Bild-Zeitung, wonach sich diese ostdeutschen Länder für folgenden Deal mit der Bundesregierung erwärmen könnten: Keine Blockade der Steuererhöhungen im Bundesrat gegen mehr Flutopferhilfe aus Berlin.

Stramm in der Unionsphalanx gegen Steuererhöhungen steht jedenfalls Parteisoldat Perschau: Im DeutschlandRadio bezeichnete er gestern Vermögens- und Erbschaftssteuer als „alte sozialistische Ladenhüter“, die „nicht ergiebig“ seien und „ordnungspolitisch in die falsche Richtung“ wiesen. So würde die Wiedereinführung der Erbschaftssteuer zu einer „massiven Erhöhung der Kapitalflucht“ aus Deutschland führen. Im Übrigen könne die Union nicht zwangsverpflichtet werden, „sozialdemokratischen Unsinn zu beschließen, sagte Perschau.

Einig ist sich Perschau offenbar mit seinen Landesfinanzminister-Kollegen über eine strengere Besteuerung von Konzernen: Die rot-grüne Steuerreform habe zu „dramatischen Einbrüchen in der Körperschaftssteuer“ geführt. Vor allem international verflochtene Konzerne exportierten ihre Gewinne in Länder, in denen diese niedriger besteuert würden, beklagte der Senator.

Wie wertvoll letztlich die drei Stimmen, die Bremen im Bundesrat auf die Waagschale legen kann, sein werden, hängt ganz von der Union ab: Hebt kein CDU-Ministerpräsident für Erbschafts- und Vermögenssteuer den Arm, dann kommt es auf Scherf und Perschau auch nicht mehr an.

Markus Jox