: Energiefluss gestört
Die Koalitionäre können sich in der Energiepolitik nicht einigen. Sparliste des Finanzministers. Wechsel in private Krankenversicherung erschwert
BERLIN taz ■ Über die Konflikte in der Energiepolitik konnten sich die Verhandlungsdelegationen von SPD und Grünen gestern nicht einigen. Die Verhandlungen werden vor allem überschattet von dem Streit über das Atomkraftwerk Obrigheim.
Der designierte Superminister Wolfgang Clement gab sich zwar locker: „Eine Sache von drei Minuten“, die man am Wochenende klären werde, nannte er den Konflikt. Etwas problematischer finden die Grünen die „Sache“. Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) liegt ein Antrag des Energiekonzerns EnBW vor, das älteste Atomkraftwerk Obrigheim in Baden-Württemberg noch bis zum Jahr 2007 in Betrieb zu halten, obwohl es laut Atomkonsens im nächsten Frühjahr abgeschaltet werden müsste. Aus Kreisen der grünen Verhandlungsdelegation war zu hören, dass man mit „einer längeren Laufzeit von Obrigheim gar nicht erst zum Parteitag zu fahren brauche“. Am 18. Oktober muss die grüne Bundesdelegiertenkonferenz den Koalitionsvertrag absegnen.
Als Dissens blieb gestern auch die Subvention des Steinkohlebergbaus. Die Grünen fordern die Reduzierung der staatlichen Unterstützung von 2,5 Milliarden Euro im Jahr 2005 auf null bis 2010. Das wäre das Ende des Kohlebergbaus im Ruhrgebiet. Die Sozialdemokraten dagegen wollen den Bergbau über 2010 hinaus sichern.
Auch in der Innenpolitik zeichnete sich gestern Nachmittag Streit ab. Was die von Schily geplante Wiedereinführung der Kronzeugenregelung angehe, gebe es bei den Grünen „großen Diskussionsbedarf“, hieß es. Nach Angaben aus Koalitionskreisen hat Schily auch die Aufnahme biometrischer Daten in Ausweispapiere verlangt. Im Bereich Zuwanderung sprach sich der grüne Abgeordnete Christian Ströbele gegenüber der taz dafür aus, die erste Generation stärker in die vom Zuwanderungsgesetz geplanten Integrationsangebote einzubeziehen.
Währenddessen hat Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) eine Liste von Sparvorschlägen bei Steuersubventionen vorgelegt. Dazu gehören Einschränkungen der Ausnahmen bei der Ökosteuer und der Verlustverrechnung in Unternehmen. Auch bei der Eigenheimförderung soll stark gespart werden. Beschlossen hat Rot-Grün, für Berufsanfänger den Wechsel in die private Krankenversicherung zu erschweren, um mehr Gutverdiener bei den gesetzlichen Kassen zu halten. Die Versicherungspflichtgrenze soll dazu von 3.375 Euro auf 4.500 Euro brutto steigen. KOCH/JAGO
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