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Ein Loch vor der Nase

Frankreich verschärft Sicherheitsvorkehrungen auf See nach dem Anschlag auf den Öltanker „Limburg“ unweit des Militärstützpunkts Dschibuti

aus Paris DOROTHEA HAHN

Fünf Tage nach den Augenzeugen der Explosion an Bord der „Limburg“ hat auch die Regierung in Paris festgestellt, dass der französische Superöltanker im Golf von Aden Opfer eines Attentats geworden ist. Ein Sprecher des Außenministeriums erklärte gestern, die Sicherheit sämtlicher französischer Vertretungen in Krisengebieten sowie jene von französischen Handelsschiffen werde verstärkt. Dies bedeutet, dass französische Militärschiffe künftig Handelsschiffe eskortieren beziehungsweise bewachen werden.

Bereits am vergangenen Sonntag hatten Besatzungsmitglieder der 330 Meter langen „Limburg“ von einem kleinen Bötchen berichtet, das kurz vor der Explosion unter dem Bug ihres Supertankers verschwunden sei. Der französische Vizekonsul in Jemen, Marcel Goncalvew, sprach seinerseits am Sonntag von der Möglichkeit eines Attentats „vom Typ der USS Cole“. Das US-amerikanische Kriegsschiff war am 12. Oktober 2000 vor der jemenitischen Küste von einem Kamikazekommando attackiert worden. Doch die jemenitische Regierung und jene in Paris wollten zunächst „keinerlei Beweise“ für ein Attentat sehen.

Inzwischen sind französische sowie US-amerikanische Experten vor Ort angekommen. Sie haben das acht Meter breite Loch im Rumpf des Tankers in Augenschein genommen, das mit seinen in das Schiffsinnere gedrückten Rändern so aussieht, als hätte ein Gigant hineingeboxt. Die Experten haben außerdem Reste des Angriffsbötchens sowie Sprengstoffspuren an Bord gefunden.

Die französische Nachrichtenagentur AFP erhielt zudem ein Bekennerschreiben der „Islamischen Armee Aden-Abyane“, dessen Authentizität allerdings noch nicht feststeht. Darin heißt es, der französische Tanker habe „die 5. US-Flotte mit Öl versorgen wollen, um unsere Brüder im Irak anzugreifen“.

Das Attentat auf die „Limburg“, bei dem ein Matrose ums Leben kam, ist der zweite mutmaßlich islamistische Angriff auf französische Interessen seit dem 11. September 2001. Im Mai waren elf französische Rüstungsarbeiter im pakistanischen Karadschi bei einem Sprengstoffanschlag umgekommen. In Jemen will Paris eine antifranzösische Stimmung bislang nicht wahrgenommen haben. Die US-Behörden haben jedoch wiederholt vor der Gefahr von Attentaten auf See gewarnt. Durch den Golf von Aden führt ein Drittel aller internationalen Öltransporte. Aus dem Jemen sind besonders viele junge Männer in islamistische Traniningslager in Afghanistan gereist; mehrere Jemeniten sollen an den Attentaten des 11. September 2001 in den USA beteiligt gewesen sein. Umgekehrt sollen sich in den „Stammesgebieten“ im nördlichen Grenzgebiet immer wieder Islamisten aus anderen Ländern aufhalten. Bei jüngsten Fahndungen der jemenitischen Regierung wurden dort auch fünf französische Staatsangehörige verhaftet. Im Jemen sollen sich auch die beiden algerischen Islamisten länger aufgehalten haben, die derzeit in Paris vor Gericht stehen. Ihnen wird vorgeworfen, 1995 bei Bombenanschlägen in der Pariser Metro acht Menschen getötet zu haben.

Doch über die Hintergründe des Attentates vom Sonntag herrscht in Paris Rätselraten. Mehrere mögliche Zusammenhänge werden genannt: der erste Jahrestag des Beginns der US-Luftangriffe auf Afghanistan, der zweite Jahrestag des Anschlags auf die „USS Cole“ und die laufenden US-Kriegsvorbereitungen gegen den Irak. Geschehen ist das Attentat direkt vor Frankreichs Nase: In Dschibuti, auf der anderen Seite des Golfes, unterhält Frankreich seinen größten Militärstützpunkt in der Region.

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