: Ver.di will italienische Verhältnisse
Wie gestern in Rom könnten Massenstreiks gegen die staatliche Tarifpolitik bald auch Berlin lahm legen. Nach dem Scheitern des Solidarpaktes drohen die Gewerkschaften nun mit Arbeitskampf. Betroffen: Polizei, Feuerwehr, Ämter und Kitas
von JÜRGEN SCHULZ
Nach den gescheiterten Gesprächen zum Berliner Solidarpakt fahren die Gewerkschaften jetzt schärfere Geschütze auf: Flächendeckende Streiks. Dieses Mittel wollen sie wählen, wenn der Senat seine Ankündigung „einseitiger Maßnahmen“ wahr macht. Der hatte gedroht, die Tarife der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst aufzukündigen, um durch Lohnkürzungen die angekündigte Sparsumme von 500 Millionen Euro zu erreichen.
DGB-Landesvizechef Bernd Rissmann hatte nach dem Scheitern der Verhandlung gesagt, er schließe Streikmaßnahmen nicht mehr aus. Auch der Landeschef der Polizeigewerkschaft hat nun „Maßnahmen bis hin zum Streik“ angekündigt, „wenn der Senat an Einkommen und vertragliche Regelungen heranwill“. Betroffen wären Landeseinwohneramt, Polizei und Feuerwehr. Da auch Burkhardt Thiemann, Sprecher der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, einen „heißen Winter in Berlin“ ankündigt, könnten auch die 852 Kitas der Stadt über längere Zeit geschlossen bleiben.
Ver.di-Chefin Susanne Stumpenhusen gibt sich noch zurückhaltend. Nächste Woche beginnen die Verhandlungen der Bundestarifkommission der Gewerkschaften: „Wir werden weitere Maßnahmen beraten – natürlich auch über Berlin.“ Jetzt sei die Situation für einen Streik noch nicht gegeben. Der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ergänzt: „Nur um zu zeigen, wir haben auch Muskeln“, brauche es keinen Streik. Wesentlicher sei eine Diskussion darüber, ob etwa Kürzungen in der Bildung oder bei Kindertagesstätten politisch gewollt sind. Um überhaupt streiken zu können, müsse eine Konfliktsituation im Tarifstreit vorhanden sein. Die könnte schon Ende Januar eintreten, wenn der Senat die Tarifverträge mit den Arbeitern im öffentlichen Dienst aufkündigt.
Senatssprecher Michael Donnermeyer hält die jetzigen Streikankündigungen ohnehin für „Drohrituale, die bei Gewerkschaften dazugehören“. Er fordert die Verbände auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, schließlich hätten sie kategorisch ausgeschlossen, über den Solidarpakt-Vorschlag auch nur zu verhandeln. Ein gutes Beispiel sei die Lösung der Probleme in der Hochschulmedizin.
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