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Keine Freunde

Der Marokkaner El Motassadeq hat den Todespiloten vom 11. September geholfen – das sei doch normal

HAMBURG taz ■ Bekannter, Freund, Glaubensbruder. Das Hamburger Oberlandesgericht will eine genaue Definition. Bekannt ist: Mounir El Motassadeq hatte seinen Kommilitonen öfters geholfen, die dann am 11. September die Anschläge von New York und Washington begingen.

Die Bundesanwaltschaft folgert daraus, dass er mit ihnen so eng befreundet war, dass er auch ihre Pläne kannte und unterstützte. Sie hat daher den Marokkaner angeklagt, Mitglied in einer terroristischen Vereinigung gewesen zu sein und Mordbeihilfe in 3.045 Fällen geleistet zu haben. Doch der Angeklagte berief sich gestern darauf, dass das „anders ist in arabischen Kreisen. Wenn man etwas für jemanden tut, sagt man nicht gleich, das ist ein Freund.“

Ausführlich schilderte El Motassadeq seine Beziehung zu den einzelnen Attentätern. Dabei zeigte sich vor allem eines: Was für die Bundesanwaltschaft Indizien für einen sehr engen Kontakt zu den Todesfliegern sind, das stellte El Motassadeq als eine Selbstverständlichkeit unter Muslimen und Mitstudenten dar. So hatte er Ramsi Binalshibh, der inzwischen in Pakistan als bekennender Mitorganisator der Attentäter verhaftet wurde, seine Codenummer für den Internetzugang an der Technischen Hochschule gegeben. „Wenn er aber nur ein Bekannter war“, hält ihm die Bundesanwaltschaft vor, „warum haben Sie das getan? Eine Codenummer ist doch eine sehr persönliche Sache.“ Gegenfrage Motassadeq: „Eine persönliche Sache? Surfen im Internet?“

Die Anklage geht davon aus, dass El Motassadeq „Statthalter“ der Terrorzelle in Hamburg und für deren Finanzierung zuständig war. Diese Vermutung stützt sich vor allem darauf, dass er eine Bankvollmacht besaß von Marwan al-Shehhi, der die Boing in den Südturm des World Trade Centers gesteuert hatte. Von dessen Konto hatte er im Jahr zuvor eine Gasrechnung bezahlt und dessen Semesterbeitrag überwiesen, als dieser abwesend war. Und er hatte al-Shehhi 5.000 Mark geschickt, als der in einem Ausbildungslager in Afghanistan war.

Der Vorsitzende Richter kann sich „nicht vorstellen, dass man in einem solchen Lager so ein Vermögen braucht“. Wieso El Motassadeq nicht stutzig geworden sei und sich nach der Verwendung erkundigt habe, fragt er den Angeklagten. Der antwortet, sich über die Bitte keine Gedanken gemacht zu haben. „Marwan brauchte Geld, ganz einfach“, sagt er. „Ich habe das einfach überwiesen.“ Der Prozess wird fortgesetzt. ELKE SPANNER

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