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Grüne setzen SPD unter Druck

Parteirat unterstützt die Forderung aufmüpfiger Abgeordneter: Die SPD soll sich schriftlich zur Senkung der Lohnnebenkosten verpflichten. SPD: Kein Bedarf

„Ich verstehe insbesondere die jungen Abgeordneten“

BERLIN taz ■ Die Grünen haben der SPD konkrete Bedingungen für ihre Zustimmung zur Erhöhung der Rentenbeiträge gestellt. Der Parteirat verlangte gestern in Berlin die schriftliche Fixierung des Arbeitsauftrags für die Reformkommission unter Leitung des Sozialexperten Bert Rürup.

Parteichefin Claudia Roth nannte drei Eckpunkte für die Arbeit der Kommission: die Senkung der Lohnnebenkosten, Berücksichtigung der Geschlechtergerechtigkeit und die Reform aller sozialen Sicherungssysteme unter Berücksichtigung der Altersentwicklung der Bevölkerung. Weiter verlangten die Grünen, dass die Rürup-Kommission im Einvernehmen zwischen den Koalitionspartnern besetzt werde. Das könne nicht nicht nach dem Prinzip „Ein Grüner – zwei Rote“ passieren, sagte Roth.

Der Parteirat unterstützt damit die Forderung mehrerer grüner Bundestagsabgeordneter, von der SPD weitere Reformschritte nicht nur im Gesundheitswesen, sondern auch bei der Rente und der Pflegeversicherung zu verlangen. Auf die Frage, ob sie die Drohung dieser Abgeordneten, der Regierung notfalls die Gefolgschaft zu verweigern, richtig finde, antwortete Roth: „Ich verstehe insbesondere die jungen Abgeordneten, dass sie bei der Frage der Generationengerechtigkeit Druck gemacht haben.“

In der grünen Bundestagsfraktion hatte es großen Unmut über die Erhöhung des Rentenbeitrages auf 19,5 Prozent gegeben. Diese hatten der Bundeskanzler und die SPD gegen den erklärten Willen des grünen Koalitionspartners durchgesetzt.

Parteichefin Claudia Roth war sich gestern allerdings sicher, dass es eine Einigung zwischen SPD und Grünen bis zur Abstimmung des Rentengesetzes am Freitag im Bundestag geben werde. „Auf dieser Basis wird die grüne Fraktion zustimmen“, sagte Roth. Die schriftliche Vereinbarung soll schon bis zu den heutigen Fraktionssitzungen von SPD und Grünen vorliegen. Auf Seiten der Grünen ist die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt mit der Verhandlung des Papieres beauftragt worden. Die schriftliche Formulierung des Auftrages für die Rürup-Kommission liegt nach Angaben von Regierungssprecher Bela Anda in der Verantwortung der Gesundheits- und Arbeitsministerin Ulla Schmidt (SPD).

Das Gesundheitsministerium gab sich gestern lakonisch. Der Auftrag der Rürup-Kommission habe schon immer gelautet, „die Finanzströme in die Sozialversicherungen auf eine solide Grundlage zu stellen“, so eine Sprecherin zur taz. „Derzeit ist der Auftrag so“, meinte sie, „und er hat sich auch nicht verändert.“

Die SPD tut offiziell immer noch so, als verstünde sie das Anliegen der Grünen nicht. SPD-Generalsekretär Olaf Scholz sagte nach einer Sitzung des Parteipräsidiums, die Koalition habe „keinerlei weitere Vereinbarung zu treffen“. Grundlage für das Vorgehen in der Sozialversicherung sei der Koalitionsvertrag, in dem als Ziel festgeschrieben sei, die Lohnnenbenkosten zu senken. Außerdem würden die Abmachungen aus der Koalitionsrunde vom vergangenen Montag gelten. Die Grünen bestehen jedoch darauf, genau diese Vereinbarungen über die Rürup-Kommission noch einmal schriftlich zu fixieren.

Man darf also festhalten, dass es noch kleine Muskelspiele zwischen SPD und Grünen gibt, aber eine Einigung scheint in Sicht. Die rot-grüne Mehrheit am Freitag im Bundestag bei der Abstimmung über das Rentengesetz dürfte also stehen.

JENS KÖNIG, HEIDE OESTREICH

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